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Fernab der Debattenkultur

Briefeschreiber dementieren Rücktrittsforderung an Bartsch

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die angebliche Forderung von mehreren Landesvorsitzenden, Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch solle sich aus der Parteispitze zurückziehen, hat heillose Verwirrung in der Linkspartei ausgelöst. Bartsch lehnt einen Rücktritt ab, die Briefeschreiber bestreiten inzwischen die Forderung nach einem Rücktritt.
Das Glas der Versöhnung ist leer ... ND-
Das Glas der Versöhnung ist leer ... ND-

Fest steht nur, dass es die Briefe gibt. Die Online-Ausgabe des »Stern« hatte berichtet, die Landeschefs von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg hätten in ihren Schreiben scharfe Kritik an Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch geäußert und dessen Rücktritt gefordert. Die Absender bestätigten am Mittwoch die Existenz der Briefe, verweigerten aber den Einblick. Nicht ohne zugleich anzumerken, dass stern.de den Inhalt in Teilen unkorrekt wiedergebe. Wolfgang Zimmermann, Sprecher des Landesverbandes NRW der LINKEN, sagte auf ND-Anfrage, er sei »irritiert« über die von stern.de verbreitete Meldung. Es habe sich um einen »persönlichen Brief« von ihm und seiner Sprecher-Kollegin Katharina Schwabedissen gehandelt, den sie »nicht als Sprecherinnen des Landesverbandes« geschrieben hätten. Von stern.de wiedergegebene Inhalte entsprächen auch nicht dem Ende Dezember abgeschickten Brief, er beinhalte keine Rücktrittsaufforderung an Bartsch.

Über den tatsächlichen Inhalt wollte Zimmermann indes nichts weiter sagen. Der Brief werde den übrigen Mitgliedern des Landesvorstands auf einer Sitzung an diesem Wochenende »vorgelesen«. Zimmermann räumte zugleich ein, dass es ein »angeschlagenes Vertrauensverhältnis« zum Bundesgeschäftsführer der LINKEN gebe, seitdem dieser den Landesverband NRW »als eine chaotische Truppe dargestellt« habe. In dem betreffenden Interview am 13. November hatte Bartsch Zweifel daran geäußert, dass die LINKE in NRW nach einem für den Mai 2010 erwarteten erstmaligen Einzug in den Landtag bereits regierungsfähig sei: »Da kommen auch Leute, die sich das erste Mal politisch engagieren und dann vielleicht feststellen, dass es doch nicht das Richtige ist. ... Die tägliche Parlamentsarbeit führt immer zu einer realitätsbezogenen Politik und mehr Pragmatismus.«

Groll gegenüber Bartsch empfinden jedoch nicht nur Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, ein ähnliches Urteil fällt in seinem Brief auch der baden-württembergische Landesvorsitzende Bernd Riexinger. Auch er verweigerte unter Hinweis auf dessen persönlichen Inhalt einen Einblick. Auch er widersprach zugleich der veröffentlichten Darstellung, Bartschs »Entlassung« gefordert zu haben. Bartsch solle vielmehr auf dem Parteitag im Mai von einer erneuten Kandidatur abgehalten werden, so Riexinger. Der Darstellung, dass in seinem Brief davon die Rede war, Bartsch sei charakterlich mit seiner Führungsaufgabe überfordert und habe die Arbeit zehntausender Parteimitglieder gefährdet, widersprach er nicht.

Mittlerweile hat das parteiinterne »Forum Demokratischer Sozialismus« Partei für Dietmar Bartsch ergriffen. Mit den Briefen habe die »Debattenkultur in unserer neuen Partei einen Tiefpunkt erreicht«, heißt es in einer Erklärung der Sprecher Caren Ley, Inga Nitz und Stefan Liebich. »Besser wäre es stattdessen, wenn unsere Partei in diesem Jahr die längst überfällige Diskussion der offenen Fragen aus den programmatischen Eckpunkten unserer Partei beginnen würde.« Ausdrücklich unterstützen sie die Landesvorsitzenden der ostdeutschen Bundesländer, die Bartsch kürzlich als »wichtige Integrationsfigur der Partei« verteidigt hatten.

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