Frauencrew schickt kleine »Bonsaisegler« auf große Fahrt um die Welt

Jochen Binikowski ließ einst seinen Beruf sausen und wurde mit seinem Hobby zum Buddel-Bini

  • René Gralla
  • Lesedauer: 3 Min.
Budel-Bini (56) mit Tochter Melanie, die die Geschäfte der Flaschenschiffwerft führt.
Budel-Bini (56) mit Tochter Melanie, die die Geschäfte der Flaschenschiffwerft führt.

Bis zur Decke stapeln sich die Flaschen, und hinter dem dicken Rundglas haben Windjammer aller Typen ihre Segel gesetzt. Ein Ort zum Stöbern für echte Seebären und Landratten – wenn sie der Kaptain bloß ließe. Denn das hier ist die Werft, Verzeihung: Werkstatt von Buddel-Bini, und Unbefugte haben keinen Zutritt; im Trockendock der Minibarks und -schoner führen Eda und Melanie Binikowski das Kommando.

Höchstens ein paar Monate werde er durchhalten, hatten Skeptiker gewarnt, als Jochen Binikowski vor nun schon 34 Jahren das Malerhandwerk aufgab und sein Hobby zum Beruf machte: den Bau von Buddelschiffen. Heute ist der Laden Kult. Hamburggäste aus aller Welt fahren nach Eppendorf, um bei Buddel-Bini ein Souvenir zu finden, das zu einem zünftigen Hafenbesuch gehört, einen »Ewer« oder die »Gorch Fock«. Allsamt radikal geschrumpft und fein säuberlich eingekorkt für den Heimtransport im Reisekoffer.

150 verschiedene Typen hat der 56-Jährige im Angebot, und zusammen mit Tochter Melanie, die inzwischen die Geschäfte führt, hat Jochen Binikowski ein richtig internationales Unternehmen aufgebaut. In der philippinischen Heimat seiner Frau Eda werden die kleinen Schiffe hergestellt und anschließend nach Hamburg geflogen. Dort sind Eda Binikowski und Patentante Aida Schneider für die Endproduktion verantwortlich:

Die vorgefertigten Modelle werden zusammengeklappt, das ermöglicht ein trickreicher Mechanismus, und durch die Flaschenhälse bugsiert. Fixiert auf Wellenimitat aus eingefärbtem Fensterkitt werden die nur äußerlich fragilen, tatsächlich aber erstaunlich stabilen Konstruktionen drinnen wieder aufgerichtet, mit langem Feinwerkzeug passgenau von außen.

Eine Woche dauert der Prozess, dann ist wieder ein Stück vollendet, das aussieht, als wäre es original entstanden auf einem Törn rund ums Kap Hoorn und anschließend immer geradeaus zu den Fidschis. Eda und Melanie Binikowski amüsieren sich über derartige Klischees, denn die Buddel-Armada ist ihr Werk. Und die patente Frauencrew erfüllt auch Sonderwünsche, zum Beispiel als Hochzeitsgeschenk ein Schiffchen, von dessen Masten die Bilder der Frischvermählten grüßen.

Wer gerne selber bastelt, kann sich bei Buddel-Bini ebenfalls beraten lassen. Und komplette Bausätze für den Hobbykeller erstehen, um sich ein wenig wie ein rauschebärtiger Skipper zu fühlen, den Schrei der Möwen im Ohr, die sieben Weltmeere vor dem geistigen Auge – und ein Bonsaisegler in der Pulle.

Anders übrigens als Firmengründer Jochen Binikowski, der nur noch selten persönlich mit Pinzette und Leim hantiert. Er kümmert sich um die eigene Sammlung, die er in Wedel ausstellt, im Schulauer Fährhaus direkt an der Elbe. Vorwiegend aber treibt Jochen Binikowski Entwicklungsprojekte voran, die er selbst auf den Philippinen gestartet hat. Nachhaltigkeit ist dabei sein Credo. Das reicht von Holzkohlegewinnung aus landwirtschaftlichen Abfallstoffen bis zu Gemüsezucht außerhalb der jeweiligen Saison (was die Einkommenssituation der Bauern verbessert). Er wolle Hilfe zur Selbsthilfe geben, sagt Jochen Binikowski: »Die Menschen dort wollen keine Almosen, sondern sie wünschen sich Möglichkeiten, den Unterhalt ihrer Familien selber zu verdienen.«

»Buddel-Bini«, Lokstedter Weg 68, Hamburg-Eppendorf; Tel.: 040 / 46 28 52; Öffnungszeiten: Mo-Fr 10 - 20 Uhr, Sa 10 - 14 Uhr; weitere Infos: www.buddel.de

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