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Arias-Nachfolgerin wird sich auf die Rechten stützen

Hoffnung der Linken auf Zuwachs erfüllte sich nicht

  • Torge Löding, San José
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit fast 47 Prozent der Stimmen fuhr Laura Chinchilla, die Kandidatin der rechtssozialdemokratischen Partei der Nationalen Befreiung (PLN), am Sonntag einen unerwartet klaren Wahlsieg ein, mit dem sie bereits im ersten Wahlgang das höchste Staatsamt Costa Ricas errang.

Der Himmel ist grau und das öffentliche Leben beginnt an diesem Montag nur schleppend in Costa Ricas Hauptstadt San José. Bis in die frühen Morgenstunden haben die Anhänger Laura Chinchillas den fulminanten Wahlsieg ihrer Kandidatin gefeiert. Für die Parteigänger der politischen Linken dagegen ist das Ergebnis, obwohl damit zum ersten Mal eine Frau Präsidentin Costa Ricas wird, ein schwerer Schlag. Der Mitte-Links-Kandidat Ottón Solis bewarb sich zum dritten Mal erfolglos um das höchste Staatsamt und warf nun das Handtuch. Er konnte nur 25 Prozent der Wähler überzeugen – ein Verlust von 14 Prozentpunkten im Vergleich zu 2006.

Mit fast 21 Prozent folgt der Ultrarechte Otto Guevara von der Libertären Bewegung (ML) auf dem dritten Platz. Ein Rekordergebnis für den Politiker, der sich gerne als starker Mann darstellt.

Im Parlament kann Laura Chinchilla – wie ihr Vorgänger Oscar Arias – nicht mit einer Mehrheit rechnen. Die PLN verliert einen Sitz und wird künftig 24 von 57 Abgeordneten stellen. Die künftige Präsidentin, selbst eine Konservative, wird es aber nicht schwer haben, Mehrheiten zu finden, denn die politische Konstellation verschiebt sich deutlich nach rechts. Otto Guevaras rechte Truppe (ML) erstarkt auf zehn Parlamentarier, und auch die Christdemokraten (PUSC) können leicht zulegen.

Die Partei der Bürgeraktion (PAC) von Ottón Solis verliert dagegen sieben Sitze und entsendet künftig nur noch eine zehnköpfige Fraktion. Wenig trösten mag da die Tatsache, dass deren Mehrheit dem linken Parteiflügel zugerechnet wird. Auch die Hoffnung der Linkspartei »Breite Front« (FA) auf einen Zuwachs erfüllte sich nicht. Immerhin verteidigte die Linke das 2006 eroberte Mandat in San José und entsendet den Umweltaktivisten und Anwalt José Maria Villalta ins Parlament.

Erstmals war die manuelle Auszählung aller Stimmen durch das Oberste Wahlgesetz (TSE) abgeschafft worden. »Diese Nachzählung macht eine Manipulation der Stimmen schwieriger und unterschied uns immer substanziell von Ländern wie Mexiko, wo Wahlbetrug auf der Tagesordnung steht«, sagte Gerardo Hernandez von der Staatsbürgerlichen Wahlkontrolle. Deren 200 Beobachter hatten den Wahlprozess unter die Lupe genommen. »Es gab einige Unregelmäßigkeiten. Zum Beispiel wurde den angemeldeten Wahlbeobachtern der PAC und der FA vielerorts die Teilnahme nicht ermöglicht, weil ihre Dokumente nicht rechtzeitig eingetroffen waren«, erklärte Hernández. Die Abstände zwischen den Kontrahenten sind indes so groß, dass diese Unregelmäßigkeiten kaum ins Gewicht fallen.

Auf die soziale Bewegung in Costa Rica kommen harte Zeiten zu, denn die neoliberalen Parteien gehen gestärkt aus der Wahl hervor. Laura Chinchilla läst zum Beispiel keinen Zweifel daran, dass sie den Widerstand der Gewerkschafter im Karibikhafen Puerto Limón gegen die Privatisierung der Hafengesellschaft mit allen Mitteln brechen will.

Zahlen und Fakten - Reiche Küste

Costa Rica (»Reiche Küste«) gilt im wiederholt von Bürgerkriegen, Putschen und Wirtschaftskrisen erschütterten Mittelamerika als Hort von Stabilität und Wohlstand. Ein gut funktionierendes demokratisches System ermöglicht den rund 4,4 Millionen Einwohnern einen relativ hohen Lebensstandard bei einer gut entwickelten Gesundheitsversorgung und einem ausgebauten Bildungssystem. Die zwischen Nicaragua und Panama gelegene Republik verfügt als einziges Land der Region über keine Armee und erklärt den Gewaltverzicht zur außenpolitischen Maxime.

Der Staat ist mit 51 000 Quadratkilometern etwas größer als Niedersachsen. Das landschaftlich vielfältige Costa Rica umfasst mehrere Klimazonen und erfreut sich trotz der Abholzung großer Regenwaldflächen in der Vergangenheit eines großen Artenreichtums. Zwischen den tropisch heißen Küstenebenen am Karibischen Meer und am Pazifischen Ozean durchziehen bis zu 3819 Meter hohe vulkanische Gebirgsketten das Land, das auch die »Schweiz Mittelamerikas« genannt wird.

Die meisten Einwohner leben in einer fruchtbaren Hochebene um die Hauptstadt San José im Zentrum. Der einst durch große Bananenplantagen und den Kaffeeanbau geprägte Agrarstaat setzt seit Jahren auf einen wirtschaftlichen Wandel. Dazu haben der Ausbau der Textilindustrie und die Ansiedlung von High-Tech-Firmen in Freihandelszonen ebenso beigetragen wie der wachsende Tourismus. Im Jahr 2008 entfielen in der einstigen »Bananenrepublik« nur noch 18 Prozent der Exporte auf Früchte und Gemüse, während Elektronikerzeugnisse 22 Prozent ausmachten. Jährlich besuchen etwa 1,9 Millionen Touristen die langen Strände und 25 Nationalparks. 2008 waren rund 56 000 Deutschen darunter.

(dpa)

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