Mit Bart Simpson auf der Loipe, Felix Neureuther im »Bären« ...

... und Eberhard Riedel auf dem Place of Fame im Schweizerischen Adelboden und Kandersteg

Der Adelbodener Place of Fame mit Riedels Fußabdruck
Der Adelbodener Place of Fame mit Riedels Fußabdruck

»Da hinten in der Ecke sitzt immer der Felix«, sagt Jürg Blum. Stolz und vor allem Sympathie sind nicht zu überhören in der Stimme des Vizetourismuschefs von Adelboden im Berner Oberland. Der Felix heißt mit Nachnamen Neureuther, gewann vor einer Woche in Garmisch-Partenkirchen das zweite Weltcuprennen seiner Karriere und belegte bei Olympia in Vancouver Platz 8 im Riesenslalom. Im schweizerischen Adelboden im Berner Oberland lieben sie ihn, als sei er einer der ihren. Und im Hotel »Bären« besonders. Denn hier wohnt die deutsche Mannschaft jedes Jahr im Januar während des legendären Weltcupwochenendes. »Felix ist unser Liebling«, sagt Jürg Blum. Sein Wunsch, der Felix möge das letzte Weltcuprennen der Saison gewinnen, ging prompt in Erfüllung. »Außerdem«, meint er schelmisch grinsend, »wenn ein Deutscher hier gewinnt, bringt das zwei Prozent mehr Gäste. Wir freuen uns auch, wenn ein Österreicher gewinnt, aber mehr Gäste bringt das nicht.« Die haben selber genug Berge. Eigentlich ist den Adelbodenern egal, wer gewinnt. Das Publikum feiert jeden, es ist einfach skiverrückt. An den Weltcup-Wochenenden herrscht Ausnahmezustand, ist Party überall – etwa so wie Karneval im Rheinland. Ein Hotelzimmer zu bekommen, ist wie ein Sechser im Lotto.

Ein anderer deutscher Alpinskiläufer aber ist Felix Neureuther zumindest in Adelboden noch immer einen Fußstapfen voraus. Vor dem »Bären«, auf dem Place of Fame, stehen zwei große Steinsäulen, auf denen alle bisherigen Weltcupsieger von Adelboden ihren Fußabdruck für die Ewigkeit hinterlassen haben. 1961 siegte hier am Chuenisbärgli – auf der schwierigsten Riesenslalomweltcuppiste überhaupt, und noch dazu mit dem steilsten Zielhang der Welt – Eberhard Riedel. Riedel ist neben Ernst Scherzer der einzige Alpine der DDR, der es zu internationalem Ruhm brachte. Bei Olympia 1964 in Innsbruck belegte der Fast-Flachländer Riedel – über seinen 1214 m hohen Hausberg Fichtelberg können die Schweizer nur müde lächeln – Platz 15 im Riesenslalom und 1968 in Grenoble Platz 13 im Spezialslalom – von 101 Teilnehmern.

Auch Eberhard Riedel kommt noch heute oft nach Adelboden. Auf jeden Fall, wenn sich die ehemaligen Weltcupsieger treffen. Er ist auch einer der Lieblingsgäste im »Bären«, dessen Chef Peter Willen zugleich Organisationschef des Weltcuprennens ist.

Bis weit in den April hinein ist Adelboden wintersporttauglich. Rund 200 Kilometer Skipisten und 25 Kilometer Langlaufloipen laden alle ein, die vom Winter nicht genug bekommen können. Der Ort mit dem angenehmen Bauerndorf-Flair hat nicht nur Weltcuppisten zu bieten. Hier kann man Urlaub genießen, fernab von Promiorten mit Disneyland-Atmosphäre.

Pfarrer war der erste

Die ersten, die hier Urlaub machten, waren Pfarrer Rohr und seine Familie aus Bern. Das war 1872. Kurz danach entdeckten die alpinverrückten Engländer das Bergdorf als Ferienziel. Doch keine Angst, die grimmig steile Weltcuppiste ist nicht das Maß aller Dinge. Nur 20 Prozent aller Pisten gelten als schwer. Breite Pisten, so am Hahnenmoospass, bieten genug Platz für Skiläufer aller Meisterklassen. Selbst auf den flacheren Pisten kann man sich hier wie Reinhold Messner fühlen vor der übermächtigen Kulisse der Dreitausender. Bereits 1903 schrieb Adelboden Sportgeschichte, als hier das erste Schweizer Skirennen ausgetragen wurde.

Wer neben Pisten und Loipen etwas anderes ausprobieren möchte, sollte sich vertrauensvoll an Alfred Zumbach wenden. Mit dem Bus, der breiter als die Straße scheint, geht es die Serpentinen hinauf auf den Bühlberg. Alfred verpasst uns Schneeschuhe und auf geht's gleich ziemlich steil. Doch mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. »Siehst du da oben links das Haus? Da wollen wir hin.« Typischer Fall von denkste. War nur psychologisch zur Motivierung. Weiter geht es. Und irgendwann sogar wie von selbst. Allerdings habe ich nach dem Kraftakt dann doch ganz große Sehnsucht nach Pisten und Loipen ...

Schweinegrippe auf Skiern

»Bist Du nicht Bart Simpson?« Thomas Schärer lacht. Er hat sich rasch wieder in den Tourismusmenschen zurückverwandelt. Noch am Nachmittag jagte er inmitten der »Simpsons from Kandersteg« über die Loipe. Immer am 1. Februarsonntag findet hier ein Volkssportspektakel statt – der Kandersteger NordicDay. Bei der achten Auflage starteten 560 Läufer – das ist Rekordbeteiligung. Bei der Rundenjagd geht es darum, den 3,3 Kilometer-Kurs so oft wie möglich zu absolvieren. Doch den begehrtesten Preis gibt es nicht für die schnellsten, zumal so mancher schon in der ersten Runde den Glühweinstand ansteuerte. Den Preis gab es für das am besten kostümierte Team. Neben Bart Simpson und seiner Familie liefen ganze Kuhherden, Eishockeyteams, Piraten, die »Schweinegrippe« und Familie Speedy Gonzales um die Wette.

Den Siegerpreis holten sich die Simpsons, hinter denen sich die Kandersteger Jugendorganisation, die Kinder vom Turnverein und der Tourismusverein verbargen. »Die Idee entstand am Stammtisch«, erzählt Thomas Scherer, der im wirklichen Leben beim Tourismusverein arbeitet. Die Kostüme entstehen dann in abendelanger Handarbeit. »Jedes Jahr wird ein neues Kostüm entworfen, letztes Jahr gingen wir als Fußballer in die Loipe, mit kurzen Hosen, das war ganz schön kalt.«

Kandersteg ist das drittgrößte Langlaufgebiet der Schweiz. Die 60 Kilometer Loipen sind vor der Haustür. Also raus aus dem Bett und auf die Bretter ... Für Abfahrtsspezialisten ist der angenehm ruhige Ort eher nicht so empfehlenswert. »Wer gut Ski fährt, soll nach Adelboden gehen«, empfiehlt Thomas Schärer.

  • Informationen: Schweiz Tourismus, Postfach 16 07 54, 60070 Frankfurt am Main, Telefon: (00800) 100 200 30, Fax: -31 (beides gebührenfrei), E-Mail: info@myswitzerland.com, Internet: www.MySwitzerland.com
  • Adelboden Tourismus: Tel.: (0041) 33 673 80 80, E-Mail: info@adelboden.ch., Internet: www.adelboden.ch
  • Kandersteg Tourismus: Tel.: (0041) 33 675 03 71, E-Mail: info@kandersteg.ch, Internet: www.kandersteg.ch
Familie Simpson beim Kandersteger NordicDay
Familie Simpson beim Kandersteger NordicDay
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