Frankreichs Linke fordert Rücktritt der Regierung

  • Lesedauer: 2 Min.
Paris (dpa) - Die Affäre um mögliche Hilfen aus der französischen Regierung für Steuerhinterziehung von Multimilliardären spitzt sich zu. Am Montag forderte das Sozialisten-Vorstandsmitglied Jean-Christophe Cambadélis erstmals den Rücktritt der gesamten Regierung. Der Sprecher der Regierungspartei UMP, Xavier Bertrand, warf den Sozialisten eine »schandhafte Menschenjagd« vor. Die Opposition wolle nur die Rentenreform von Arbeitsminister Eric Woerth behindern.

Woerth ist auch Schatzmeister der UMP, organisiert Galadiners für Parteispender und war bis vor kurzem Budgetminister. Seine Frau arbeitete für die L'Oréal-Milliardenerbin und UMP-Förderin Liliane Bettencourt (87) als Kapitalanlegerin. Woerth wird vorgeworfen, dem Verdacht der Steuerhinterziehung gegen Bettencourt nicht nachgegangen zu sein, obwohl seinem Ministerium dafür Belege vorgelegen hätten. Er weist jeden »Interessenskonflikt« strikt zurück. Präsident Nicolas Sarkozy, der Woerth für die »Woerth-Reform« des Rentensystems braucht, hat sich bedingungslos hinter seinen Minister gestellt.

Die »gesamte Regierung« sei durch »die Vielzahl der Affären diskreditiert« und müsse gehen«, sagte Cambadelis. Woerth dürfe »die Geduld der Franzosen nicht überschätzen«. Der Regierung gehe »die Puste aus«. Der frühere PS-Parteichef François Hollande warf Woerth vor, den richtigen Fragen auszuweichen. Es sei keine Inquisition, nach einer Steuerkontrolle Bettencourts zu fragen.

Die Vorwürfe waren am Rande eines Streits Bettencourts mit ihrer Tochter um den Umgang mit ihrem Vermögen aufgetaucht. Viele französische Zeitungen fragten am Montag, wie lange Sarkozy noch hinter Woerth stehen könne ("Midi Libre«, »La Charente Libre«. »La Voix du Nord"). Die Nachrichtensite mediapart.fr, die den Skandal mit der Veröffentlichung heimlich abgehörter Gespräche bei Bettencourts ins Rollen gebracht hatte, forderte Woerths Rücktritt. Der Familienstreit der Bettencourts sei zu einer Staatsaffäre geworden, die »die Zukunft unserer Republik, ihre Glaubwürdigkeit, ihre Prinzipien und ihre Werte aufs Spiel« setze.
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal