Das Dilemma der Bürgermeister

Der heute beginnende Weltstädtegipfel sucht nach Ansätzen nachhaltiger urbaner Entwicklung / »World Cities Summit« diskutiert Lösungen für drängende Probleme der Megametropolen

  • Michael Lenz, Singapur
  • Lesedauer: 3 Min.

Griffige Slogans sind schnell gefunden. Der des heute beginnenden »World Cities Summit« (WCS) in Singapur lautet: »Lebbare und nachhaltige Städte für die Zukunft«. Wie dieser Slogan mit Leben gefüllt werden kann, das soll auf dem 2. Weltstädtegipfel vier Tage lang diskutiert werden. Die große Frage lautet: Wie können die Megametropolen so gestaltet werden, dass die Menschen in ihnen ein würdiges, sozial gerechtes, gesundes Leben in einer sauberen Umwelt und mit sauberer Energie leben können?

Über mögliche Antworten diskutieren mehr als 1000 Wissenschaftler, Umweltexperten, Politiker und Bürgermeister aus aller Welt, die in Singapur erwartet werden. Vertreten sind auch internationale Organisationen wie das UN-Städteprogramm HABITAT, die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank. »Bisher fehlte eine strategische Plattform, auf der Experten, Politiker und Entscheidungsträger zusammenkommen konnten, um diese Zukunftsprobleme in einer integrierten Weise zu diskutieren«, sagt Andrew Tan, Chef des »Centre for Liveable Cities«, das den Gipfel ausrichtet.

In der zweiten Konferenz dieser Art – der erste fand vor zwei Jahren in Singapur statt – stecken genau genommen drei Veranstaltungen: der eigentliche WCS, das erste Weltbürgermeisterforum und die 3. Internationale Wasserwoche. Wasser ist der Quell allen Lebens, aber um die Versorgung der Megastädte mit dem kostbaren Nass ist es schlecht bestellt. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Asien, und dort leben auch die meisten Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Wasser haben.

Es gibt zahlreiche weitere drängende Probleme der Städte: Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildung, Bewältigung des Müllproblems, Sicherung des Energiebedarfs und Anpassung an den Klimawandel. In jedem noch so guten Lösungsansatz steckt schon ein neues Problem: So ziehen verbesserte Lebensbedingungen in urbanen Zentren noch mehr Menschen an. Das ist das Dilemma, dem sich Bürgermeister und Städteplaner auf dem Gipfel gegenüber sehen.

Die Umweltstiftung WWF gibt sich in ihrer Ende 2009 veröffentlichten Studie »Mega-Stress for Mega-Cities« dennoch betont optimistisch: »Städte haben einen großen Anteil am Problem (des Klimawandels), aber sie sind auch der Schlüssel zur Problemlösung.« Denn Städte sind »Hotspots von Innovation und Technologie«. Traditionell wurden hier viele Ansätze zur Lösung der Probleme der Welt entwickelt.


Zahlen & Fakten

»Stadtluft macht frei«, hieß es im Mittelalter. Heute macht Stadtluft krank. Vor allem in den Megastädten der Entwicklungsländer sind der boomende Verkehr und die damit einhergehende Luftverschmutzung eines der größten Probleme. Im Jahr 1900 lebten 13 Prozent der Menschheit in Städten. Heute sind es 50 Prozent, 2030 werden es 60 Prozent sein. Städte bedecken weniger als ein Prozent der Erdoberfläche, verbrauchen aber 75 Prozent der weltweit erzeugten Energie und sind auch für 75 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Jeden Tag wächst die Zahl der Stadtbevölkerung um 200 000 Menschen. Nach UN-Angaben leben 62 Prozent der Bewohner afrikanischer Städte in Slums. In Asien liegt der Anteil je nach Region zwischen 24 und 42 Prozent. Von den 30 größten Megastädten liegen allein 17 in Asien. Laut der Umweltstiftung WWF sind asiatische Großstädte besonders anfällig für die sozio-ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels. Am schlechtesten ist es mit der Anpassungsfähigkeit um Dhaka und Jakarta bestellt, am besten um Singapur und Shanghai. ML

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