- Kommentare
- kommentiert
Kein Grund zum Angeben
Schön, dass es endlich gelang, einen Mindestlohn für Pflegekräfte in Altenheimen und ambulanten Diensten zu verabschieden. Jeder, der einmal seinen Fuß in eine Pflegeeinrichtung setzte oder selbst einen Angehörigen betreute, kennt die hohen Anforderungen des Pflegeberufes und den Mangel an qualifiziertem Personal. Allerdings – dieser Abschluss ist aus vielerlei Gründen kein großes Ruhmesblatt.
Der Mindestlohn ist erstens zu gering und gilt zweitens nur für ein Drittel der Pflegebeschäftigten. Ihr überwiegender Teil ist in kirchlichen Einrichtungen tätig, die sich daran nicht halten müssen und froh sind, wenn sie Billigjobber oder gut ausgebildete osteuropäische Arbeitskräfte zum Dumpinglohn bekommen. Pflege ist ein Geschäft und wird nur von Fall zu Fall durch Nächstenliebe bestimmt. Drittens ist nach 20 Jahren gemeinsamer Republik nicht nachvollziehbar, dass der Lohn im Osten geringer sein darf. Viertens kann der Mindestlohn 2014 wieder gekippt werden. Und fünftens bietet das Gesetz genügend Lücken, um ihn zu umgehen. Hauswirtschaftshilfen müssen den Pflegemindestlohn nämlich nicht bekommen, auch wenn ihre Arbeit vor allem aus Pflege besteht.
Es gibt folglich keinerlei Anlass, mit diesem Gesetz anzugeben und den Menschen vorzugaukeln, dass man in der Pflegebranche eine Zeitenwende herbeigeführt habe. Für einen kleinen Teil der Pflegenden gibt es eine kleine Verbesserung. Das ist alles.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.