Die große Brücke

LINKE-Abgeordnete auf Protesttour gegen die Querung des Fehmarnbelts

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die feste Fehmarnbeltquerung zwischen der deutschen Ostseeinsel und Dänemark ist politisch beschlossene Sache. Aber ihre Widersacher wollen noch nicht aufgeben.

Eigentlich sind die Messen gesungen. Seit 2008 gibt es einen Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark, 2009 haben die Parlamente zugestimmt: Zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland – und damit der Hauptinsel Seeland – soll bis 2018 eine »feste Querung« gebaut werden, Tunnel oder Brücke, 19 Kilometer entlang der »Vogelfluglinie«.

Dass es aber wirklich soweit kommt, will Cornelia Möhring noch nicht glauben. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei aus Schleswig-Holstein ist dieser Tage mit einer mehrköpfigen Gruppe aus Länder- und Bundesparlamentariern der Linkspartei entlang der Ostseeküste auf Tour, um den Widerstand gegen das Mega-Verkehrsprojekt zu stützen. Sie spricht von einem »Prestigeprojekt« und einem »Milliardengrab«, dessen Nutzung zweifelhaft und dessen Finanzierung unklar sei.

Es ist heiß auf dem Marktplatz in Sierksdorf, wo sich die Gruppe am Dienstag mit Infoständen aufstellt. Doch das Schwitzen, finden die Beteiligten, lohne sich. Schließlich sind die Interessen, gegen die man antritt, alt und mächtig. Dänemark, das die Beltquerung energischer betreibt als Berlin, arbeitet schon seit den 90er Jahren daran, seine Haupstadt-Insel Seeland für den Straßenverkehr erreichbarer zu machen.

Nach der Querung des »Großen Belts« und der Öresund-Brücke von Kopenhagen nach Malmö soll nun die Verbindung nach Süden folgen. Den Dänen ist das mehr als fünf Milliarden Euro wert, das Bundesverkehrsministerium gibt für die Anbindung 840 Millionen Euro an Kosten an. Nicht unerheblich, wenn man weiß, dass für Straßenbau jährlich fünf und für die Schiene etwa vier Milliarden vorgesehen sind – und, wie Möhring erinnert, bis 2014 zwei Milliarden beim Verkehrsetat gestrichen werde sollen. Selbst der ADAC-Experte Ulrich Klaus Becker fragte sich schon besorgt, ob hier nicht unnötig Mittel gebunden würden.

Zudem schätzt der Bundesrechnungshof die tatsächlichen Kosten auf fast das Doppelte – über 1,6 Milliarden Euro. Die »Allianz gegen eine feste Fehmarnbeltquerung«, ein Bündnis aus Gewerkschaften, Umweltschützern, Initiativen und Parteien, hat auch eine Idee, wieso: Nach den jetzigen Planungen solle die Beltbrücke vierstreifig werden, während die Sundbrücke, die Fehmarn mit dem Festland verbindet, nur zwei Spuren hat. Allein ein Ausbau des künstlichen Nadelöhrs, so Kritiker wie Malte Siegert von der »Allianz«, würde 300 Millionen kosten, die in den Finanzplanungen aber fehlen. Auch die Kosten für den Ausbau der jetzigen Bahnlinie seien zu niedrig angesetzt: »So kommt es unter Umständen zu einem vierspurigen Ausbau der Straßenverbindung und einer vergleichsweise langsamen einspurigen Bahntrasse.« Möhring fürchtet eine »Billig-Lösung« ohne Rücksicht auf das Hinterland.

Vielleicht, meint ein Brücken-Kritiker, sei ja die Geschichte mit dem »Geheimgutachten« typisch: Die IHK aus Lübeck und Hamburg hatten sich von der renommierten Beratergesellschaft HTC für eine Stellungnahme zuarbeiten lassen. Das Ergebnis war ernüchternd: Im Hinterland seien kaum positive Impulse zu erwarten, die Verkehrsprognosen völlig überzogen. Diese Kritikpunkte schafften es aber nicht in die Position der IHK und der Landkreise, die den Auftrag gegeben hatten. Die reden weiterhin von einem »Zunftsprojekt«.

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