Langes Warten auf den Triumph

Radsport: Erster italienischer Gesamtsieg bei der 65. Spanien-Rundfahrt nach 20 Jahren

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Tom Mustroph, San Sebastian

20 Jahre lang mussten die Italiener auf einen Sieg bei der Spanien-Rundfahrt warten. Am Sonntag hat Vincenzo Nibali diese Durstrecke endlich beendet. In der überzeugenden Art und Weise, in der der 25-jährige Sizilianer diesen Erfolg errang, befeuerte er die Hoffnungen der Azzurri, endlich wieder über einen Klassementfahrer zu verfügen, der auch außerhalb der Landesgrenzen auftrumpfen kann. »Ein Stern ist geboren«, jubelte die italienische Sportzeitung »Gazzetta dello Sport«.

Vincenzo Nibali hat gelitten und gekämpft. Er wankte und hat sich doch wieder gefangen. Am Samstag, auf den steilen Rampen der Bola del Mundo, eroberte er endgültig die Radsportwelt. Zwar hat er nur den kleinsten Höhenzug im Radsport-Olymp, die Spanien-Rundfahrt, erklommen, doch wie der Mann aus Messina dies tat, nötigte auch seinen Gegnern Respekt ab. »Er war der Stärkste. Ich habe alles gegeben, aber Nibali war nicht zu bezwingen«, gestand der Gesamtzweite Ezequiel Mosquera nach einem dramatischen Zweikampf. Der Spanier vom unterklassigen Team Xacobea Galicia glaubte, als er knapp die Hälfte seines Rückstands schon wettgemacht hatte, noch an Nibali vorbeiziehen zu können. Aber der blieb kühl und entschlossen.

»Ich weiß, dass Mosquera der bessere Kletterer ist. Ich brauche eher einen gleichmäßigen Rhythmus«, sagte Nibali. Er wählte ein Tempo, das seinen Körper nicht überforderte, ihn dennoch wenige Meter vor dem Zielstrich wieder an Mosquera heranführte. Nibali lieferte ein Lehrstück über Geschwindigkeitskalkulation, Kräfteeinschätzung und Kampfgeist ab.

Prima kalkulieren kann auch Mark Cavendish. Der Brite dominierte die Sprints und sicherte sich das Trikot des Punktbesten. Sein sportlicher Leiter beim Team HTC Columbia, Jan Schaffrath, sieht Cavendish in der Form der Vuelta sogar als Siegkandidaten auf dem schwierigen Kurs bei den WM im Oktober in Australien.

Als großen Favoriten für die WM schätzt Schaffrath, der in Australien auch das BDR-Team betreuen wird, allerdings den Belgier Philippe Gilbert ein. Nach dessen zwei Tagessiegen bei der Vuelta stellt sich nur die Frage, ob sein Formhoch nicht zu früh kommt.

Nibali interessiert die WM nur am Rande. Seine Welt sind die großen Rundfahrten. Dort hat er einen wichtigen Karriereschritt vollzogen. Der Zenit seiner Laufbahn ist aber noch nicht in Sicht.

Als junger Fahrer musste er zunächst beschwerliche Reisen von Sizilien aus in den Norden des Landes zu den Wettkämpfen auf sich nehmen. Früh verließ er deshalb seine Vaterstadt Messina und siedelte sich in der Toskana an. Neben seinem großen Talent zeichnet ihn die Härte und den Überlebenswillen eines Arbeitsmigranten aus. Nun steht er vor dem Schritt, ein Champion zu werden.

In der nächsten Saison könnte er nicht nur den bisherigen Leitwolf im Team Liquigas, seinen Landsmann Ivan Basso, herausfordern, sondern auch zum ernsthaften Rivalen für den Spanier Alberto Contador und den Luxemburger Andy Schleck erwachsen.

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