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Der Neben-Präsident
Es hätte ja klappen können. Hätte die Linkspartei bei der sommerlichen Bundesversammlung im ersten Wahlgang geschlossen gegen die eigene Kandidatin für Joachim Gauck gestimmt, wäre Schwarz-Gelb tatsächlich reingefallen und der Ex-Unterlagenchef Präsident. Noch Jahre werden Grüne und SPD der linken Konkurrenz die Nicht-Wahl Gaucks als »Politikunfähigkeit« vorhalten.
Was aber wäre nach einem solchen Coup passiert? Die Bundeskanzlerin wäre sicher nicht zurückgetreten – und Gaucks Meinungen, an denen wegen seiner seltsamen Rolle als medialer Neben-Präsident am Einheits-Wochenende mal wieder niemand vorbeikam, geben derzeit einen ungefähren Eindruck von dem Ärger, den er seinen Steigbügelhaltern gemacht hätte. Gerade erst etwa hat SPD-Chef Sigmar Gabriel einen klaren Strich zwischen Sarrazinismus und Sozialdemokratie gezogen – Gauck hat schnell widersprochen: Mit »gutem Recht« bringe Sarrazin Probleme auf den Tisch. Gabriel müht sich um soziales Profil, auch durch Kritik an Ausgrenzung und Hartz-IV-Sätzen. Gaucks umgehender Kommentar: Man müsse von den Abgehängten mehr verlangen.
Dieser Tage meint man geradezu, aus Camp Gabriel ein verstohlenes Aufatmen zu hören. Der aktuelle Amtsträger Wulff unterlässt nicht nur das Polarisieren, er lullt programmatisch ein – und ist im Notfall noch immer als Mann der politischen Gegenseite zu kritisieren.
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