- Politik
- Fokus: Anti-Castor-Proteste
Der Atomstaat am Ende seiner Kapazitäten
Die Kampagnen »Widersetzen« und »Castor Schottern« hatten wiederholt ihre Gewaltfreiheit betont: Sie wollen an die Schiene, nicht die Konfrontation mit der Polizei. Dass die Bauern mit ihren zusätzlichen Trecker-Blockaden auf den Straßen auch die Nachschubwege für die Polizei dicht gemacht haben, geht dem Chef der deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt dann aber ein Stück zu weit. Sowohl Essen als auch die Ablösung und die ad hoc aus anderen Bundesländern bestellten Polizeibeamten kamen nicht durch. Die Funktionsfähigkeit der Polizei sei an ihr Limit gekommen.
Die Kritik der Polizeigewerkschaften richtet sich jedoch in erster Linie an die Politik: Das Aufkündigen des Konsens zum Atomausstieg sei ein fataler Fehler gewesen. Jetzt müsse man diskutieren, ob derartige Einsätze in Zukunft noch machbar sind.
Genau darauf zielten die vielfältigen Aktionen der Anti-AKW-Bewegung: Die Kosten der Atommülltransporte in die Höhe treiben, deutlich zeigen, dass die Überführung der Castoren gegen die Proteste nicht durchsetzbar sind. Denn dann steht auch der Weiterbetrieb der Atomanlagen in Frage und die Verantwortlichen werden zum Umdenken gezwungen.
Dennoch lässt der massenhafte Widerstand und die Bereitschaft zum Regelbruch – ebenso wie die andauernden Beschwerden der Polizeigewerkschaften – die Regierung scheinbar kalt. Noch hält sie am nächsten, für Herbst 2011 angekündigten Castortransport fest. So zeigt sich die Arroganz der Macht.
Bundeskanzlerin Merkel konnte allerdings nicht ignorieren, dass erfolgreich zum massenhaften Überschreiten der Grenzen der Legalität aufgerufen wurde. Empört kritisierte sie Proteste als Straftat. Insofern zeigen die Nadelstiche der Unzufriedenen auch eine Wirkung und machen eine Perspektive auf, wie der bürgerfernen Politik wahrnehmbar etwas entgegengesetzt werden kann.
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