Petroleum et circenses

Als »panem et circenses« (Brot und Spiele) wird die Strategie der römischen Kaiser bezeichnet, mit Geschenken und Massenunterhaltung das Volk bei Laune zu halten. Aus den lokalen Wagenrennen der Antike sind im Spätkapitalismus längst milliardenschwer verwertete Großereignisse geworden – etwa die Fußball-WM, die dank moderner Massenmedien auf allen Kontinenten in Echtzeit verfolgt werden kann. Aufgrund der Bedeutung sorgt selbst die WM-Vergabe durch die FIFA für Aufregung: Statt der Fußball-Platzhirsche kommen 2018 und 2022 trendbewusst zwei aufstrebende »Schwellenländer« zum Zug, wo besonders viel Geld für Spiele locker sitzt – Katar und Russland. Beide sind dank Öl- und Gasvorkommen zu Reichtum gekommen; für stabile Finanzen sorgen die hohen Rohstoffpreise. Fußballfans bezahlen also quasi selbst den Ausbau der Stadien, in die dann nur eine kleine Minderheit reinkommt.

Dass eigentlich der Ausstieg aus dem Zeitalter der fossilen Energierohstoffe ansteht, um dem Klimawandel zu begegnen – das soll aus FIFA-Sicht das Fußballbusiness nicht stören. Aber darüber wird nicht einmal beim UN-Klimagipfel in Cancún diskutiert. Die Erneuerbaren gelten, ganz marktgerecht, nur als neues Geschäftsfeld in Nord und Süd – nicht als Ersatz herkömmlicher Stromerzeugung. Auch bei der »grünen« WM in Katar sollen neue Solaranlagen nur zur – geradezu irrwitzigen – neuartigen Klimatisierung von Fußballstadien genutzt werden.

Anders als bei den Römern sind die Spiele nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch längst zum finanziellen Selbstzweck der geschäftlich Beteiligten mutiert. Aktuell lautet das Motto: »petroleum et circenses«.

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