Transferunion

Standpunkt von Kurt Stenger

  • Lesedauer: 1 Min.

Würde neben dem Wort und dem Unwort auch noch das Schreckgespenst des Jahres gekürt, dann hätte es 2010 mit Sicherheit »Transferunion« gelautet. Die armen Griechen wollen uns reichen Deutschen das Geld aus der Tasche ziehen, lautete zwischen den Zeilen die Parole. So konnte Kanzlerin Merkel die mit brutalen Sparvorgaben verbundenen EU-Kredite an Griechenland als alternativlos hinstellen.

Durch diese unsägliche Debatte fühlen sich jetzt die deutschen Südländer gestärkt, die bundesinterne Finanzsolidarität zu attackieren. Dabei ist eine Verfassungsklage ziemlich aussichtslos: Schon mehrfach hat Karlsruhe über den Länderfinanzausgleich geurteilt – zuletzt 1999; er wurde daraufhin schon mit »mehr Anreizen« ausgestattet, was die wohlhabenden Länder jetzt wieder einfordern. Die Klagedrohung ist daher mehr eine politische: Zum einen versuchen die – teils wegen der Fehlspekulationen ihrer Landesbanken angeschlagenen – Südregierungen angesichts bevorstehender Wahlen, mit Populismus den Wutbürger zu beeindrucken. Zum anderen setzt man die Länderkollegen unter Druck, der einen oder anderen Detailänderung zuzustimmen.

Ganz große Kürzungen am Finanzausgleich sind kaum zu befürchten. Zumal die breite Mehrheit der Bundesbürger in Ländern lebt, die von ihm eher profitieren. Die Transferunion ist hier eigentlich akzeptiert – warum nicht auch als Alternative zur Rotstift-EU der Kanzlerin?

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