Eine Provision für übernommene Leiharbeiter?

Urteile auf einen Blick

  • Lesedauer: 4 Min.
Laut EU-Richtlinie für Leiharbeit ist eine Provision für übernommene Leiharbeiter unzulässig. Dennoch verlangen Leiharbeitsfirmen oft eine Art Ablösesumme für ihre Leiharbeiter, wenn diese vom ausleihenden Unternehmen in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden.

Nach einem Urteil des Landgerichts Aachen muss der neue Arbeitgeber jedenfalls dann keine Provision zahlen, wenn er den Leiharbeiter nicht während seiner Einsatzzeit angestellt hat. Im konkreten Fall war der Leiharbeiter ein Jahr beim späteren Arbeitgeber X beschäftigt und wurde danach an ein anderes Unternehmen ausgeliehen. Anschließend bewarb er sich beim Arbeitgeber X um eine Festanstellung, die er auch erhielt.

Daraufhin meldete sich die Zeitarbeitsfirma: Laut Überlassungsvertrag mit dem Unternehmen X stehe ihr bei einer Übernahme des Arbeitnehmers eine Provision von 5250 Euro zu.

Das Landgericht Aachen entschied jedoch, dass das nur der Fall wäre, wenn zwischen Ausleihe und der späteren Übernahme ein direkter Zusammenhang bestünde. Hier liege die Sache aber anders: Denn die Ausleihe sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen dem Arbeitnehmer und Unternehmen X längst beendet gewesen. Der Leiharbeiter sei nicht während der Leiharbeit eingestellt worden, sondern habe dazwischen in einem anderen Betrieb gearbeitet. Allein die Tatsache, dass die Leiharbeitsfirma früher den Kontakt zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber X vermittelte, verpflichte X nicht dazu, Provision zu zahlen.

Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. November 2010, Az. 9 0 545/9

Betriebsrat wegen Tätlichkeit entlassen

24 Jahre war der Mann im Unternehmen beschäftigt und erfüllte seine Aufgaben einwandfrei, zuletzt als engagierter Vorsitzender des Betriebsrats. Dann rastete er bei einer betrieblichen Weihnachtsfeier aus. Er stritt mit einem Kollegen. Aus dem Streit wurde ein Gerangel, und dann schlug der Betriebsratsvorsitzende sogar zu. Ob mit der offenen Hand oder mit der Faust, blieb vor Gericht strittig.

Klar und eindeutig fiel dagegen die Reaktion des Arbeitgebers aus: Er kündigte dem Arbeitnehmer fristlos. Da der Betriebsrat der Kündigung nicht zustimmte, benötigte das Unternehmen ersatzweise das »Placet« des Arbeitsgerichts für die Entlassung. Das Arbeitsgericht Osnabrück billigte sie.

Ob Ohrfeige oder Faustschlag, das spiele keine Rolle, erklärte das Gericht. Tätliche Angriffe unter Kollegen rechtfertigten allemal eine fristlose Kündigung. Auf einer Weihnachtsfeier gelten die gleichen Anforderungen an das Verhalten der Arbeitnehmer wie während der Arbeitszeit. So ein eklatanter Verstoß gegen den Betriebsfrieden sei nicht hinnehmbar.

Weder der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder, noch die lange Dauer der Betriebszugehörigkeit retteten das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsvorsitzenden, begründete das Gericht. Das Interesse des Unternehmens daran, den Betriebsfrieden zu wahren, habe absolut Vorrang. Schließlich treffe den Arbeitgeber gegenüber der gesamten Belegschaft eine Fürsorgepflicht.

Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 19. August 2009, Az. 4 BV 13/08

Kurzarbeitergeld für Arzthelferinnen?

Ein Hautarzt beantragte für Februar bis Juni 2004 Kurzarbeitergeld für zwei Arzthelferinnen. Die Begründung: Das seit Anfang 2004 geltende »Gesundheitsmodernisierungsgesetz« habe in seiner Praxis dazu geführt, dass die Zahl der Patienten massiv eingebrochen sei. Daher habe er die Arbeitszeit für seine Mitarbeiterinnen verkürzen müssen.

Die Bundesagentur für Arbeit verwies jedoch auf die Regelungen zum Kurzarbeitergeld: Darauf hätten Arbeitnehmer nur Anspruch, wenn wirtschaftliche Gründe vorübergehend zu erheblichem Arbeitsausfall führten. Das treffe nicht zu, wenn eine Arztpraxis unter Änderungen im Gesundheitsrecht »leide«. Gegen diesen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit zog der Mediziner vor Gericht – doch ohne Erfolg.

Wirtschaftliche Gründe müssten vorliegen, bekräftigte das Landessozialgericht Hessen, zum Beispiel konjunkturelle und strukturelle Störungen der Wirtschaftslage, die die Auftragslage in Unternehmen beeinträchtigten und zu Arbeitsausfall führten. Damit sei der Fall des Mediziners nicht vergleichbar. Hier gehe es nicht um eine vorübergehende Konjunkturschwankung. Vielmehr habe der Gesetzgeber, um die Gesundheitskosten zu senken, das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dauerhaft geändert. Daraufhin sei die Patientenzahl in den dermatologischen Arztpraxen signifikant zurückgegangen, allerdings nur im Januar 2004. Wenn man die Betriebseinnahmen des Hautarztes über das ganze Jahr 2004 berücksichtige, könne man nicht von erheblichem Arbeitsausfall sprechen.

Urteil des Landessozialgerichts Hessen vom 28. Januar 2011, Az. L 7 AL 80/08

Üble Beleidigung – fristlos gekündigt

Der Lkw-Fahrer hatte schon einige Rechtsstreitigkeiten mit seiner Arbeitgeberin hinter sich. 2004 hatte er in einem Prozess das Landesarbeitsgericht Hessen als »korrupt« beschimpft. 2007 richtete sich eine wütende Tirade gegen seine Arbeitgeberin, die ihn daraufhin nach über 30 Jahren im Betrieb entlassen hat. Er erhob Kündigungsschutzklage.

Bei der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht rastete der Mann aus und hielt seiner Chefin vor, sie »lüge wie gedruckt«. Auf die Forderung des Gerichts, sachlich zu bleiben oder den Saal zu verlassen, reagierte der Mann nicht. Nach diesem Auftritt kündigte die Chefin ihn erneut fristlos.

Seine Klage dagegen scheiterte beim LAG Hessen. Die Kündigung sei wirksam, so das LAG, weil der Mitarbeiter die Arbeitgeberin übel verunglimpft habe. Der gekündigte Lkw-Fahrer habe zudem die Chance vertan, seine Beleidigung vor Gericht zurückzunehmen. Bei der Abwägung aller Umstände habe man auch berücksichtigen müssen, dass der unbeherrschte Arbeitnehmer in einem früheren Prozess das LAG mit »Kommunisten« verglichen habe.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 14. September 2010, Az. 3 Sa 243/10

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