Pädophile bedienen sich für lau
FAKTENcheck: Milliardenmarkt Kinderpornografie im Internet?
Mit Kinderpornografie im Internet lässt sich viel Geld verdienen. So ist es immer wieder in der »Bild« zu lesen. Aber auch viele Medien abseits des Boulevard berichten in diesem Tenor. Mit dem Argument, es existiere im Internet ein Milliardenmarkt, für den skrupellose Päderasten-Banden immer mehr Kinder und Jugendliche sexuell missbrauchen würden, hatte die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Bundestagswahlkampf 2009 für das Sperren von Internetseiten geworben.
Doch stimmt es wirklich, dass Pädophile mit dem Verbreiten von kinderpornografischem Material auch noch Kasse machen? Nein, sagen viele Internet-Experten und Netzaktivisten. Bestätigt werden sie in dieser Ansicht jetzt durch eine Studie, die das Bündnis gegen Kinderpornografie »White IT« in Auftrag gegeben hat. Zentrale Erkenntnis: Der Handel läuft im Wesentlichen über unentgeltliche Tauschbörsen, Geld lässt sich damit kaum verdienen. Während durch den Bemühungen der Behörden immer weniger Seiten im Netz zu finden sind, entzögen sich die Pädophilen-Netzwerke durch solche Tauschbörsen gezielt zentralen Sperrungen, wie sie lange von der Bundesregierung favorisiert worden seien, sagt der Mit-Verfasser der Studie, Bernd-Dieter Meier. »Gerade in den Tauschbörsen und in Newsgroups besteht ein breites, nahezu unerschöpfliches und grundsätzlich kostenfreies Angebot.« Das Material lasse sich in diesen Börsen nur mittels entsprechender Codewörter finden.
In der Regel, so der Kriminologe weiter, zahlten nur Neueinsteiger, denen die Infrastruktur der Netzwerke nicht bekannt sei, Geld für das Herunterladen von Kinderpornografie. Die Vertreiber dieser Bilder seien allerdings nicht die Urheber, die Kinder selbst missbraucht hätten, sondern verwendeten Aufnahmen aus kostenfreien Quellen. Das legt den Schluss nahe, dass nicht einmal die Behauptung von der Leyens stimmt, dass die Zahl der missbrauchten Kinder durch das Internet gestiegen ist; es werden »nur« die immergleichen Bilder immer wieder neu hochgeladen und verbreitet.
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