CO2-Steuerpläne in Australien

Ziel ist ein Handelssystem für Treibhausgasemissionen, das zweitgrößte nach der EU

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Australiens Energieversorgung hängt in hohem Maße an der Kohle, die das Land überdies in großer Menge exportiert. Da lässt es aufhorchen, wenn die Regierung eine CO2-Steuer einführen will.

Australiens Premierministerin Julia Gillard beweist Mut. Obwohl die Umfragewerte der Chefin einer Minderheitsregierung im Keller sind, soll die höchst kontroverse CO2-Steuer im kommenden Jahr eingeführt werden. 2015 soll die Steuer dann in ein Handelssystem münden. Der australische CO2-Emissionshandelsmarkt wäre dann der größte in der asiatisch-pazifischen Region und zweitgrößte der Welt nach Europa.

Noch ist das von Umweltorganisationen als »ernstzunehmenden Start im Kampf gegen den Klimawandel« gelobte Gesamtpaket allerdings nicht unter Dach und Fach. Das Parlament muss dem Paket aus CO2-Steuer, Steuerentlastungen für Privathaushalte und Unternehmen sowie einem Milliardenfonds für erneuerbare Energien und Biovielfalt noch zustimmen. Die Mehrheit der Regierung ist jedoch denkbar knapp.

Mit der Ankündigung der CO2-Steuer hat Gillard ein Wahlversprechen gebrochen. Das haut die konservative Oppositionskoalition aus Liberaler und Nationaler Partei in ihrem schon die Grenze zur Demagogie überschreitenden Kampf gegen die CO2-Steuer der Laborpolitikerin kräftig um die Ohren. Oppositionsführer Tony Abbott malt jetzt den Untergang der australischen Wirtschaft und den Absturz der Familien in bittere Armut durch die CO2-Steuer an die Wand. Abbott aber ist die Stimme der Bergbaumultis, die durch den Export der australischen Bodenschätze von Erzen über Kohle bis Uran in die energiehungrigen Schwellenländer, vor allem aber nach China, Australiens wichtigster Wirtschaftsfaktor sind.

Abbotts Horrorszenarien finden bei den Bürgern gleichwohl Resonanz. Australien ist unter den Industriestaaten einer der größten Pro-Kopf-Emittenten von CO2 und gleichzeitig eines der besonders stark vom Klimawandel betroffenen Länder. Trotzdem stecken die Australier wie der Vogel Strauß den Kopf in den Sand. Der Kohlebergbau und Kohlekraftwerke als Hauptenergieproduzenten genießen eine fast schon unüberschaubare Menge von Steuererleichterungen und Subventionen.

Auf der anderen Seite werden erneuerbare Energien fast ignoriert. Australien habe nach den Ländern Nordafrikas das größte Potenzial für Solarenergie weltweit, schrieb Benjamin K. Sovacool, Energieexperte an der National University of Singapore, in einem Beitrag über die australische Energie- und Klimapolitik in der Tageszeitung »Straits Times«. »Aber es produziert mit Photovoltaikanlage nur ein Zehntel Prozent seines Elektrizitätsbedarfs.«

Die Steuer von umgerechnet etwa 17,50 Euro pro Tonne CO2 soll 2012 eingeführt werden und zunächst nur von den 500 größten CO2-Emittenten zu zahlen sein. Die klagen schon jetzt über den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit und drohen mit Arbeitsplatzabbau und Weitergabe der Steuer über die Verbraucherpreise. Dabei ist es mit der Belastung der Industrie durch die Steuer nicht so weit her. Der Preis für eine Tonne Kohle werde nur um umgerechnet durchschnittlich 1,36 Euro steigen, rechnen Experten vor. Aber Stimmen der Sachlichkeit gehen im Kriegsgeschrei der Opposition, der Bergbaumultis und Stammtische unter.

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