Euro-Anleihen im Wartehäuschen

Gemeinsame Bonds brächten Zeitgewinn in der Schuldenkrise

Braucht die europäische Währungsunion als weiteren Integrationsschritt gemeinsame Anleihen? Der Streit in der EU darüber ist besonders heftig.

Lange vor Ausbruch der Griechenland-Krise im Frühjahr 2010 gab es in Euroland bereits die Forderung nach Einführung von Eurobonds. Im Gefolge der Weltfinanzkrise und wegen der allgemeinen Verunsicherung an den Finanzmärkten waren die Renditen von Staatsanleihen mehrerer EU-Länder grundlos gestiegen – die Differenz zwischen den extrem niedrigen Zinsen, die Deutschland bieten musste, und den hohen Zinsen vor allem in Südeuropa stieg auf Rekordhöhe. Als es vorübergehend wieder Entspannung gab, geriet das Thema in Vergessenheit. Mit der Griechenland-Krise und insbesondere wegen des Übergreifens auf immer neue Länder wurden die Rufe nach Eurobonds jedoch lauter. Viele EU-Regierungen wie auch die EU-Kommission befürworten diese längst.

Eurobonds wären Gemeinschaftsanleihen des Euroraumes, wofür die Mitglieder der Währungsunion dann auch gemeinsam haften würden. Bisher muss jedes Land selbst Anleihen aufnehmen, weshalb die Zinsen sehr unterschiedlich sind und starken Schwankungen unterliegen. Durch Eurobonds müssten die Krisenländer deutlich niedrigere Zinsen für neue Kredite zahlen, was ihre akute Haushaltsmisere erheblich lindern würde. Befürworter halten es für den Hauptpluspunkt, dass ein derart großer Anleihenmarkt entstehen würde, dass spekulative Attacken kaum noch möglich wären. Auch die USA sind aus diesem Grund trotz ihrer Schuldenprobleme bisher nicht mit steigenden Renditen konfrontiert.

Gegner kritisieren indes, dass Schulden vergemeinschaftet würden. Das ist freilich nicht stichhaltig, denn dies ist im Zuge der diversen Rettungsprogramme de facto bereits geschehen. Länder mit guten Konditionen wie Deutschland, Österreich, Finnland und die Niederlande lehnen diese Anleihen ab, da sie befürchten, künftig höhere Zinsen zahlen zu müssen. Das ist freilich reine Spekulation. Eine weitere Kritik besagt, dass niedrige Zinsen in Krisenländern haushälterisches Lotterleben fördern würde. Das Gegenteil wäre der Fall: Eurobonds bringen den nötigen Zeitgewinn, um die Haushalte nachhaltig zu konsolidieren.

Im Prinzip geht es in dieser Debatte um ganz andere Fragen: Sind die hohen Zinsdifferenzen Folge massiver Spekulation auf leicht verwundbare Länder oder sind sie lediglich die Quittung für unsolides Wirtschaften? Sind Griechenland & Co. wegen der hohen verlangten Zinsen in der Schuldenkrise oder weil man zu hohe Schulden aufgebaut hat? Und noch grundsätzlicher: Dürfen Finanzmärkte den Konkurs von Staaten herbeiführen und dürfen Staaten überhaupt mit Privatunternehmen gleichgesetzt werden und pleite gehen?

Befürworter und Gegner beantworten dies alles konträr, weshalb ein Konsens nicht in Sicht ist. Gleichwohl wird auf EU-Ebene und angeblich auch in deutschen Koalitionskreisen bereits ausgelotet, unter welchen Bedingungen Eurobonds möglich wären. Etwa könnten nur die Krisenstaaten solche aufnehmen, wodurch aber der Größenvorteil gesenkt würde. Und Mittel aus Eurobonds gäbe es wie beim Rettungsschirm nur dann, wenn die Länder zu harten Sparmaßnahmen verpflichtet werden können. Letzteres ist Kern der Merkel-Sarkozy-Einigung über eine EU-Wirtschaftsregierung. Wenn es diese irgendwann gibt, werden auch Eurobonds kommen.

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