Niebel fordert Marktöffnung für den Süden
Mangelnde Reisefreude kann man dem deutschen Entwicklungsminister Dirk Niebel nicht nachsagen. Derzeit tourt er wieder fünf Tage durch Afrika, durch das entwicklungspolitische Musterland Botswana und durch die ehemalige deutsche Kolonie Namibia. Dort zeigte er sich aus entwicklungsökonomischer Sicht durchaus auf der Höhe der Zeit: »Die Forderung der Industriestaaten nach Öffnung der Märkte darf keine Einbahnstraße sein«, betonte er und sprach sich für ein Ende der EU-Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte aus. Das ist beides begrüßenswert, doch da Handelspolitik nicht das Geschäft von Niebel ist, lässt sich dort leicht progressiv Stellung beziehen, ohne dass der Minister Gefahr liefe, dafür in Vorleistung zu gehen. Schon die 2001 in Doha gestartete so genannte Entwicklungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) gab vor, den Süden an den Globalisierungsgewinnen teilhaben lassen zu wollen. Passiert ist so gut wie nichts. Bisher können sich die 153 Mitgliedsländer im WTO-Komitee für Handel nicht einmal auf Maßnahmen zugunsten der ärmsten Drittweltländer einigen – fast zehn Jahre nach Beginn der Doha-Runde.
Davon ganz abgesehen: So richtig die Forderung von Niebel nach Öffnung der Märkte der Industriestaaten ist, symmetrischer Freihandel ist definitiv kein Weg für nachholende Entwicklung. Beim Freihandel unter Ungleichen obsiegt immer der Stärkste. Nachholende Entwicklung ist zwingend an asymmetrische Handelsstrukturen gebunden wie sie die 2001 gestartete einseitige Marktöffnung der EU »Alles außer Waffen« für die 50 am wenigsten entwickelten Länder der Welt (LDC) gewährleistet. Diese Initiative hat nur einen Schönheitsfehler: Drei der wichtigsten LDC-Exportprodukte – Zucker, Bananen und Reis – sind nach wie vor von dieser Regel ausgenommen. Solidarischer Handel bleibt eine Utopie. Niebels Ansinnen ist er ohnehin nicht.
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