Agrarreform im Planungsstadium

Naturschutzverbände bewerten die ersten Vorschläge der EU-Kommission unterschiedlich

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Oktober will die EU-Kommission ihre Pläne für die anstehende EU-Agrarreform vorstellen. Doch erste interne Papiere sind bereits im Umlauf.

Der Etat für die Landwirtschaft ist der dickste Brocken im Haushalt der EU-Kommission. Das soll sich auch im nächsten, von 2014 bis 2020 gültigen EU-Etat nicht ändern: Insgesamt 386,9 Milliarden Euro will Brüssel laut einem ersten internen Vorschlag vom Juli in dieser Sieben-Jahres-Periode in die Landwirtschaft investieren. 281,8 Milliarden sind für Direktzahlungen der Landwirte in der sogenannten ersten Säule, 89,9 Milliarden für die ländliche Entwicklung (zweite Säule) vorgesehen. Die restlichen 15,2 Milliarden Euro sind für sonstige Maßnahmen veranschlagt.

Auch Naturschutzverbände warten ungeduldig auf die Vorschläge. Die Agrarpolitik und insbesondere der Fördertopf für die ländliche Entwicklung gelten als wirkungsvolles Instrument, damit Bauern stärker durch ökologische Nutzung ihrer Flächen bedrohten Tier- und Pflanzenarten helfen können. Die Urteile der Umweltschützer zu den ersten Brüsseler Vorschlägen driften weit auseinander. »Das ist ein klares Signal, dass eine ökologische Neuausrichtung der Agrarpolitik ansteht«, erklärte Lutz Ribbe, naturschutzpolitischer Direktor der Stiftung Euronatur. Ursprünglich war befürchtet worden, Kommissionspräsident José Manuel Barroso wolle die zweite Säule deutlich kürzen. Nun aber sollen die Fördermittel, mit der Regierungen Agrarumweltprogramme auflegen, um die Anlage von Hecken, die Pflege von artenreichen Wiesen oder die Extensivierung von Weiden zu fördern, auf dem Stand von 2013 eingefroren werden. Weiterer Pluspunkt laut Ribbe: 30 Prozent der Gelder aus der ersten Säule will Brüssel als sogenanntes Greening für ökologische Maßnahmen ausgeben. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hatte im Januar angeregt, die Zahlungen für die Landwirte an ökologische Flächenstilllegungen oder den Erhalt von Dauergrünland zu koppeln.

Andere Umweltverbände sind mit den Planungen deutlich unzufriedener. Dem Naturschutzbund (NABU) fehlt die Mittelumschichtung von der ersten auf die zweite Säule. »Die ländliche Entwicklung als zweite Säule der Agrarpolitik muss deutlich aufgewertet werden, denn nur so werden die echten Leistungen von Landwirten für die Gesellschaft belohnt«, sagt Konstantin Kreiser, NABU-Experte für internationale Biodiversitätspolitik. Er bemängelt auch die fehlende Unterstützung für das Life-Programm für lokale Naturschutzaktionen. Dieses werde weiterhin »ein Schattendasein fristen«, klagt Kreiser. Konkret will die Kommission dafür 450 Millionen Euro pro Jahr geben. In der jetzigen Förderperiode sind es zwar nur 300 Millionen, allerdings sollen über das Programm künftig auch Klimaprojekte finanziert werden. »Angesichts der selbst gesteckten Ziele, den Rückgang der Biodiversität und den Klimawandel zu stoppen, ist das bei Weitem nicht ausreichend«, sagt Kreiser. In ein ähnliches Horn stößt der WWF. Um den europaweiten Artenverlust bis 2020 zu stoppen, ist für Life nach Berechnungen der Umweltstiftung jährlich mindestens eine Milliarde Euro notwendig.

Was von den Vorschlägen der EU-Kommission Realität wird, wird sich erst kommendes Jahr zeigen. Dann stehen die Haushaltsverhandlungen mit den Staatschefs der EU-Mitgliedstaaten und dem Europaparlament an. Ende 2012 wird der EU-Etat frühestens in trockenen Tüchern sein.

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