Gruppentherapie mit Ball

Nach dem Aus bei der Heim-WM suchen deutsche Fußballerinnen in der EM 2013 ein neues Fernziel

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Jana Lange und Judith Beck, SID

Nach dem Tränenmeer bei der Heim-WM nehmen die deutschen Fußballerinnen mit einer neuen Kapitänin Kurs auf Schweden. Mit dem Auftakt der EM-Qualifikation am Samstag gegen die Schweiz bricht 70 Tage nach dem Viertelfinalaus gegen Japan eine neue Zeitrechnung an: Nach dem Rücktritt von Birgit Prinz übernimmt Nadine Angerer das Ruder.

»Ich war überrascht von der Entscheidung, aber ich freue mich natürlich sehr. Für mich ist es eine ganz große Ehre«, sagte die Torhüterin des 1. FFC Frankfurt bei ihrer offiziellen Vorstellung. Die 32-Jährige war eine logische Wahl für die Nachfolge von Prinz, mit der Bundestrainerin Silvia Neid mittlerweile »ein Abschiedsspiel im November« verabredet hat. Denn mit 102 Länderspielen ist Angerer, die beim WM-Triumph 2007 ohne Gegentreffer geblieben war, die erfahrenste Spielerin.

Doch auch als Typ ist Angerer laut Neid wie gemacht für die neue Rolle. »Sie ist einfach die Richtige, hat Ausstrahlung, ist eine große Persönlichkeit, loyal und hat einen guten Draht zu allen Spielerinnen«, sagte Neid.

Die WM-Tränen sind bei Angerer und Co. getrocknet, der Liga-Alltag ist seit Wochen wieder eingekehrt – doch das jähe Aus gegen den späteren Weltmeister Japan hat Spuren hinterlassen. »Die WM kann man nicht abhaken, das ist nicht möglich. Es würde aber gut tun, wenn wir gegen die Schweiz ein gutes Spiel machen«, sagte Neid. Die Mannschaft setzt auf eine Art Gruppentherapie mit Ball. »Nach jedem Ende kommt ein Anfang, das ist jetzt eben auch so«, sagte Linda Bresonik: »Die EM-Qualifikation ist unser nächstes Ziel. Und neue Ziele sind wichtig, für die Motivation.«

Für Unmut sorgte indes die unglückliche Terminierung des Spiels parallel zur Männer-Bundesliga. Nach ausverkauften Stadien und TV-Rekordquoten bei der WM werden die Fußballerinnen nun wieder stiefkindlich behandelt, erst 5500 Tickets waren am Freitag verkauft. »Wir hatten versucht, den Anpfiff in den Abend zu legen. Das wollte die ARD nicht aus Angst vor einer schlechten Quote. Statt Frauenfußball gibt es jetzt Musikantenstadl«, klagte Managerin Doris Fitschen.

Nach der verpassten Olympiaqualifikation hat die Bundestrainerin fast zwei Jahre Zeit, ein Team für die EM 2013 zu formen. Aufgrund der Rücktritte von Prinz, Ariane Hingst, Kerstin Garefrekes und Ursula Holl sowie den Verletzungen von Kim Kulig, Celia Okoyino da Mbabi sowie Dzsenifer Marozsan tummelten sich einige neue Gesichter wie Luisa Wensing, Torfrau Kathrin Längert und U20-Weltmeisterin Svenja Huth bei der Vorbereitung in Augsburg.

Die neue Mischung der Mannschaft, in der noch neun Akteurinnen vom WM-Triumph 2007 stehen, stellt aber keinen Umbruch dar. »Wir brauchen keine Abrissbirne, wir müssen nicht alles komplett umbauen. Weil die Basis und die Mischung im Team stimmt. Wir müssen nur einen natürlichen Übergang moderieren«, sagte Fitschen.

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