Sieg der Wiedergeborenen

Kommentar von Roland Etzel

  • Lesedauer: 2 Min.

Ennahda - die Partei der (islamischen) Wiedergeburt fühlt sich als Gewinnerin des Votums in Tunesien. Und das völlig zu recht. Wenn bei der freiesten aller bisher im Lande stattgefundenen Wahlen und einer 90-prozentigen Beteiligung fast jeder dritte Wähler sie als maßgebliche Kraft bei der Formulierung einer neuen Verfassung sehen will, lässt das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Dies mag manche überrascht haben, die entsprechend der auch in Deutschland gepflegten Tunesien-Berichterstattung glaubten, Hauptsympathieträger müssten jene Internet-Blogger und Twitter-Aktivisten sein, denen zugeschrieben wird, die Revolution im Ben-Ali-Land ausgelöst zu haben. Mag letzteres auch zutreffen, Grundvertrauen bei der Wählermehrheit erwuchs daraus offensichtlich nicht. Es spricht sogar einiges dafür, dass dieses künftig eher ab- als zunimmt. Das stärkste Bindeglied zwischen der Jugend in der Metropole Tunis und den touristischen Zentren einerseits und der Masse der Leute auf dem »flachen Lande« andererseits - der Hass auf die raffgierige Präsidentensippe - ist obsolet geworden. Das Trennende wird wieder deutlicher sichtbar.

So betrachtet die traditionell geprägte Bevölkerungsmehrheit die unter Ben Ali verordnete Zwangsverwestlichung nicht unbedingt als Gewinn. Die Vertreter von Ennahda - hierzulande mit der Absicht der Verunglimpfung Islamisten genannt - lehnten diesen Anbiederungskurs stets ab. Heute wird den Führern der religiösen Vereinigung honoriert, dass sie sich weder von der Staatsmacht - wie die meisten Angehörigen der Elite - korrumpieren ließen noch vor der drohenden Todesstrafe kapitulierten. Das erklärt, warum sie dem Westen so suspekt sind.

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