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Weiber – holdselige Gesellen

Sylvia Weigelt porträtiert Frauen aus Martin Luthers Umfeld

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Weib ist ein freundlicher, holdseliger und kurzweiliger Geselle ... Weiber tragen Kinder und ziehen sie auf ...« Trotz solcher Zuneigung ist auch Luther wie all seine Zeitgenossen der Meinung gewesen, Frauen hätten weniger Verstand als Männer. Immerhin erfuhren die Frauen, gerade die verheirateten, durch die Reformation größere Anerkennung als zuvor. Der Reformator selbst soll es mit dem Heiraten aber gar nicht so eilig gehabt haben.

Sylvia Weigelt hat sehr genau sechzehn Porträts von Frauen aus dem Umfeld Luthers erstellt, angefangen bei der strengen Mutter Margarethe über die Ehefrau Katharina von Bora bis hin zu den geliebten Töchtern Elisabeth, Magdalena und Margarethe, von denen als einzige die jüngste das Erwachsenenalter erreichte. Zu den Porträtierten gehören entlaufene Nonnen und Fürstinnen, die kurfürstliche Mätresse und brave Bürgersfrauen. Da kann es schon einmal passieren, dass einem die Katharinas, Elisabeths, Annas und Margarethes unter den Frauen und Töchtern der Reformatoren durcheinander geraten. Neun der zwölf aus dem Kloster Nimbschen entlaufenen Nonnen, lesen wir, hatten sich in Wittenberg direkt unter Luthers Schutz gestellt und mussten versorgt, das heißt, im Wortsinn »unter die Haube« gebracht werden. So war Luther auch als Heiratsvermittler tätig. Aber in Fässern versteckt, klammheimlich »entlaufen«, waren diese gebildeten Adelsdamen bestimmt nicht. Sie wurden ihren Ehemännern würdige Partnerinnen und Hausvorstände wie Luthers Käthe, die im Gegensatz zu den Eltern des Reformators lesen und schreiben konnte. Und wie war das mit Luthers Heirat? Eigentlich hatte er sich ja zuerst in die Nonne Ave von Schönfeld verguckt, aber es hatte dann doch mit einer Heirat nicht geklappt. Am 13. Juni 1525 war es so weit. Luther heiratete und hat es später nie bereut. Das Ehepaar Cranach führte die Braut an Eltern statt zum Traualtar. Im ganzen Land tobte da schon der Bauernkrieg.

Schauen wir noch auf eins der im Buch abgebildeten Porträts, das in besonderer Weise Renaissance-Geschichte illustriert. Es zeigt das von Lucas Cranach gemalte Bild der vierzehnjährigen Sybille von Eleve, der späteren Gattin des Kurfürsten Johann Friedrich. Solche Porträts wurden zwischen hohen Häusern als Brautwerbung (wie heute Internet-Annoncen) verschickt. Auch von Sybilles jüngster Schwester Anna wurde eines angefertigt und an König Heinrich VIII. von England gesandt. Der war entzückt, lehnte dann aber angesichts der richtigen Anna die Verbindung ab. So entging das Mädchen glücklich dem bekannten Schicksal der Heinrich-Gattinnen. Ein informatives Kapitel Zeit-Geschichte hat Sylvia Weigelt geschrieben. Hier beginnt die Frauenemanzipation, aber hier beginnt auch der Verweis der »züchtigen« Hausfrau in die bürgerlich-protestantische Wohnstube.

Sylvia Weigelt: »Der Männer Lust und Freude sein«. Frauen um Luther. Wartburg Verlag. 160 S., zahlr. Abb., geb., 16 €

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