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Das Fell des noch nicht erlegten Bären

UN-Klimakonferenz: Weiter ist unklar, woher die Mittel für den Klimafonds kommen sollen

  • Nick Reimer, Durban
  • Lesedauer: 3 Min.
Halbzeit in Durban: Auf der am Montag gestarteten UN-Klimakonferenz geht es bislang kaum um das Klima. Im Mittelpunkt steht das Geld, sehr viel Geld.

Die Klimadiplomaten in Durban debattieren über Tausende von Milliarden Dollar, die vom Norden in den Süden transferiert werden sollen. Ausgerechnet in Zeiten der Euro- und der US-Schuldenkrise. Da ist zunächst der »Green Climate Fund«: Die Weltbank hatte in einer Studie ermittelt, dass die Länder des Südens ab 2014 jährlich zwischen 70 und 100 Milliarden Dollar brauchen, um sich an die Folgen der Erderwärmung anzupassen. Das Geld soll von den Industriestaaten kommen. Deren historische Schuld an der Erderwärmung ist unter den Klimadiplomaten unumstritten - 80 Prozent aller Treibhausgase, die heute in der Atmosphäre sind, stammen aus Schloten der Industriestaaten. Also sollen diese auch zahlen, so die Mehrheit der Delegierten.

Wer soll über den Klimafonds wachen?

Auf der Klimakonferenz in Cancún war deshalb im vergangenen Jahr Jahr die Einrichtung des »Green Climate Fund« beschlossen worden. Nach dem Debakel von Kopenhagen 2009 feierten dies die Klimadiplomaten als Beleg, dass sie doch noch handlungsfähig sind. Sie setzten damals ein Übergangskomitee ein, das die Struktur des neuen Finanzierungsinstrumentes ausarbeiten sollte. Am Mittwoch legte das Expertengremium seinen Bericht der Klimakonferenz in Durban vor. Diesmal waren es die ALBA-Staaten - unter anderem Bolivien, Venezuela, Nicaragua und Kuba -, die auf die Barrikaden gingen. Das Komitee schlägt nämlich vor, den Fonds unter dem Dach der Weltbank zu verwalten, was die ALBA-Gruppe strikt ablehnt. Die Gruppe der kleinen Inselstaaten AOSIS kritisierte zudem, dass der Entwurf keinen dezidierten Zeitplan für die Ausschüttung der Finanzhilfen gebe.

Dabei ist der Bär noch gar nicht erlegt, dessen Fell hier bereits aufgeteilt werden soll. Wie die gewaltige Summe von jährlich 100 Milliarden Dollar in die Kasse kommt, ist völlig unklar. Für die Entwicklungsländer steht fest, dass die Reichen zahlen müssen; sehr viel mehr Verhandlungskraft mögen sie nicht in das Thema investieren. Finanzwissenschaftler haben der Klimakonferenz vorgeschlagen, den Fonds mit Einnahmen aus Steuern auf Flugbenzin und Schiffsdiesel zu speisen. Vor allem die USA sind strikt dagegen, dass sich die UNO zur Weltregierung aufschwingt und selbst Steuern erhebt.

Der Streit um das Bärenfell kommt deshalb den USA gerade recht: Verhandlungsführer Jonathan Pershing stimmte den Kritikern dezidiert zu und sprach von »Fehlern und Widersprüchen« im Entwurf. Eine Annahme des »Green Climate Fund« hier in Durban wäre deshalb übereilt. Andere Staaten sind zwar auch nicht mit allen Details des Entwurfs einverstanden. Aber anders als die von Schulden gebeutelten USA müssen sie ja nicht zahlen. Deshalb sind sie im Grunde bereit, den Entwurf der Expertengruppe zu billigen und die Klärung der strittigen Fragen auf später zu verschieben.

Als ob es davon nicht bereits genug gäbe, ist nun die »Gruppe der Afrikanischen Staaten« vorgeprescht. Sie fordert 500 Milliarden Dollar, statt 100 Milliarden - und zwar jährlich. »Das entspricht gerade einmal 1,5 Prozent des Einkommens der Entwicklungsländer«, begründet Seyni Nafo, Sprecher der Afrika-Gruppe.

Reduktion der Emissionen als Nebenaspekt

Auch wenn solche Forderungen eher als Säbelrasseln auf dem Konferenzparkett wahrgenommen werden, zeigen sie doch, was auf dem Spiel steht. Denn der »Green Climate Fund« ist nur ein, wenn auch zentraler, Verhandlungsstrang. Auch der Waldschutzmechanismus REDD soll über einen milliardenschweren Fonds finanziert werden. Außerdem geht es um Geld für Technologietransfer und für den Aufbau eines Treibhausgas-Messwesens.

Bei all den Milliarden scheint das eigentliche Thema fast zum Nebenaspekt zu werden: die Reduktion der Treibhausgase.

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