Das Debakel von Santos

WM-Aus für deutsche Handballerinnen / Auch Olympiateilnahme futsch

  • Franziska Garcia, SID
  • Lesedauer: 2 Min.

Ganz unten im tiefen Tal der Tränen suchten die deutschen Handballerinnen nach Gründen für das Desaster. »Jeder muss sich fragen, ob er das gezeigt hat, was er kann, und ich meine wirklich jeder«, sagte Torhüterin Clara Woltering erhitzt, sauer und unfassbar enttäuscht. Das 22:25 gegen Afrikameister Angola bei der WM in Brasilien war eine Niederlage mit gravierenden Konsequenzen: Das WM-Achtelfinale und vor allem das olympische Turnier 2012 in London finden ohne deutsche Beteiligung statt.

»Ich wusste, dass wir viele Baustellen haben, aber ich dachte, wir seien weiter«, sagte Bundestrainer Heine Jensen, den die Ereignisse zwischenzeitlich ein bisschen zu überfordern schienen. Ulrich Strombach, Präsident des Deutschen Handballbundes, zog ein ernüchterndes Fazit: »Es fehlt an Qualität in dieser Mannschaft. Das Spiel gegen Norwegen hat vielen und auch mir die Sicht für die Realität verstellt.«

Was mit einem überraschenden Erfolg gegen Olympiasieger Norwegen begonnen hatte, endete sechs Tage später mit dem Debakel gegen Angola. Dazwischen lagen zwei Niederlagen gegen WM-Geheimfavorit Montenegro und biedere Isländerinnen sowie ein Zittersieg gegen Außenseiter China. »Man kann das nicht als einmaligen Betriebsunfall abtun«, sagte Liga-Chef Berndt Dugall: »Das war eine kontinuierliche Leistung auf unterstem Niveau.«

Jensen, seit dem 1. Juli 2011 offiziell im Amt und mit einem komfortablen Vertrag bis zum 31. Dezember 2014 ausgestattet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Situation bei einer WM möglicherweise unterschätzt zu haben. Hatte er bei der WM-Qualifikation im Juni gegen Ungarn noch die geballte Bundesliga-Kompetenz von Renate Wolf (Leverkusen), Dietmar Schmidt (Frankfurt/Oder) und Dirk Leun (Buxtehude) an seiner Seite, so war er in Brasilien weitgehend auf sich allein gestellt.

Und der Däne machte Fehler. Im Tor war Sabine Englert in den ersten vier Spielen eine wacklige Nummer eins. Was vor der gegnerischen Deckung ablief, war bestenfalls Kreisklasse. Schon kurz hinter der Mittellinie begann das fantasielose deutsche Querpass-Spiel, was selbst eine eher biedere Deckung wie die von Angola mühelos durchschaute. Frankfurts Trainer Dietmar Schmidt fordert jedenfalls einen Umbruch, »um langfristig wieder eine Mannschaft aufzubauen, die Schritt für Schritt zurück in die Spitze kommt«.

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