Leicht vorherzusehen
Kommentar von Kurt Stenger
Auch zur Jahreswende 2011 werden in der EU gewaltige Milliardensummen bereitgestellt, welche die Finanzkrise in der Eurozone nun aber 2012 wirklich ersticken sollen. Da trotz der Betteltouren rund um den Globus kaum Gelder internationaler Investoren für die geplante Hebelung des befristeten Rettungsschirms EFSF aufzutreiben sind, soll der permanente Krisenmechanismus ESM früher kommen. Darüber hinaus hat der jüngste EU-Gipfel eine fast schon skurrile Konstruktion beschlossen, wonach die Zentralbanken der EU-Länder ausgerechnet dem Internationalen Währungsfonds (IWF) insgesamt 200 Milliarden Euro zur Verfügung stellen sollen, die dieser bei Bedarf gegen die üblichen brutalen Auflagen vergeben kann. Da wäre es viel besser, wenn die Europäische Zentralbank direkt die Finanzierung der Krisenstaaten übernimmt, was freilich insbesondere von der deutschen Regierung aus ideologischen Gründen brüsk abgelehnt wird.
Dass die Regierung in London auch bei den IWF-Geldern zunächst nicht mitmacht, ist aber kein Anzeichen dafür, dass sich unter Europas Regierungen endlich Widerstand gegen das fatale Krisenmanagement mit Demokratie- und Sozialabbau formiert. Vielmehr ist für Premier Cameron Europa nur dann gut, wenn die Aktivitäten dem entsprechen, was er als die nationalen Interessen Britanniens ansieht. Im konkreten Fall: was den Finanzplatz London voranbringt. Angesichts dieser offenbar einzigen realpolitischen Alternative in der EU braucht man kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass 2012 die Krise, aber auch die Proteste von Empörten und der Occupy-Bewegung weitergehen werden.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.