Mundgeruch ist oft nur eingebildet
Schuld sind meist Bakterien im Mundraum. Als Abfallprodukte ihres Stoffwechsels erzeugen die Mundbewohner eine ganze Reihe chemischer Verbindungen, die sich durch Gurgeln mit einem wirksamen Mundwasser und durch Reinigen der Zunge entfernen lassen, womit die Halitose - wie Mediziner das Leiden an üblem Atem nennen - gemildert wäre. Sogar ein paar Bissen Nahrung zu kauen, würde schon helfen, empfiehlt der israelische Halitose-Experte Mel Rosenberg in der Juni-Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft.
Die Mundhöhle beherbergt Hunderte Bakterienarten, darunter einige, die wirklich stinken. Rund um die Uhr können die Mundbakterien Schwefelwasserstoff produzieren, der nach faulen Eiern riecht; Methylmercaptan und Skatol, die auch in Fäkalien vorkommen; Indol, das in geringen Mengen in Jasmin- und Orangenblütenöl zu finden ist, in höheren Konzentrationen aber abstoßend riecht; Cadaverin, sonst vorzugsweise in verwesenden Leichen; Putrescin, ansonsten in faulendem Fleisch anzutreffen; und schließlich Isovaleriansäure, die nach Schweißfüßen stinkt. Kein Wunder, dass der menschliche Atem mitunter die Nase des Gegenübers beleidigt.
Warum nicht gleich alle Mikroorganismen auf der Zunge beseitigen, um mit der Halitose radikal Schluss zu machen? Doch die Bakterien haben eine wichtige Schutzfunktion. Die Zunge beherbergt geringe Mengen des hefeähnlichen Pilzes Candida, dessen Population durch die Anwesenheit der Bakterien klein gehalten wird. Werden die Zungenbakterien durch Antibiotika ausgerottet, steht einer explosionsartigen Vermehrung von Candida nichts mehr im Wege. Solche Pilzerkrankungen sind viel unangenehmer und schwieriger zu bekämpfen als die Halitose. Darum gilt es, die Bakterien auf der Zunge zu dulden, ohne sie ausufern zu lassen.
In fünf bis zehn Prozent der Fälle entspringt der schlechte Atem aus der Nase. In einem kuriosen Fall stammte der auffällige Atem einer 28-jährigen Frau von einem Kügelchen, das sie sich wohl als kleines Kind in die Nase gesteckt hatte. In der Tat platzieren Kinder gern Objekte in ihren Nasenlöchern und verursachen damit manchmal einen unangenehm riechenden Ausfluss. Deshalb sollte man die Nasenlöcher auf Fremdkörper untersuchen, wenn ein Kind plötzlich einen seltsamen Geruch verströmt.
Die Milliarden Euro, die jedes Jahr weltweit für frischen Atem ausgegeben werden, dürften dennoch großenteils aus dem Geldbeutel von Leuten stammen, die sich nur einbilden, schlecht zu riechen. Die Furcht kann sich zu einer regelrechten Phobie auswachsen. Solche Halitophobiker stellen sich im Freien gegen den Wind, damit ihre Gesprächspartner sie nicht riechen müssen. Das zufällige Verhalten anderer Menschen - ein Fenster öffnen, die Nase reiben - interpretieren sie als Reaktion auf ihren Mundgeruch.
Rosenberg nennt als Mittel gegen Halitose gründliche Zahnhygiene; vor allem aber empfiehlt er: »Fragen Sie ein erwachsenes Familienmitglied oder einen guten Freund, wie Ihr Atem riecht. Das ist die verlässlichste - und billigste - Methode, um herauszufinden, ob Sie Mundgeruch haben.«
(ND/Spektrum der Wissenschaft)
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.