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Deutsche Handballer auf Halbfinalkurs

10. EM: DHB-Team nach 7:12-Pausenrückstand noch zum 21:21 gegen Gastgeber Serbien

  • Erik Eggers, Belgrad
  • Lesedauer: 4 Min.
Die deutschen Handballer liegen bei der EM in Serbien auf Halbfinalkurs. Die Mannschaft trotzte zum Hauptrundenauftakt in Belgrad dem Gastgeber nach toller Aufholjagd ein 21:21 (7:12) ab und führt die Hauptrundengruppe 1 mit 5:1 Zählern vor den punktgleichen Serben an. Weitere Gegner sind heute Vizeweltmeister Dänemark und am Mittwoch Polen.

Sie waren gierig nach einer spektakulären Aufholjagd. »Die haben Schiss«, rief Linksaußen Uwe Gensheimer aufs Feld. Da waren noch fünf Minuten zu spielen, und die deutschen Männer hatten sieben Tore Rückstand gegen den EM-Gastgeber Serbien aufgeholt.

Sie standen ihren Mann in dieser Abwehrschlacht, in der um jeden Ball gerungen wurde. Torhüter Silvio Heinevetter von den Füchsen Berlin hielt Weltklasse, und am Ende reichte es tatsächlich, als der Berliner Sven-Sören Christophersen drei Sekunden vor Ultimo traf: Mit dem 21:21 kann die deutsche Auswahl weiterhin vom Halbfinale und vom Ticket für ein vorolympisches Qualifikationsturnier träumen.

Befragt nach den stärksten Waffen des Gastgebers, war Bundestrainer Martin Heuberger ein ganzes Arsenal eingefallen: Momir Ilic und Marko Vujin, die beiden wurfgewaltigen Halbspieler im Rückraum, den wurfstarken Regisseur Zarko Sesum, Kreisläufer Rastko Stojkovic und natürlich auch Darko Stanic, der bisher beste Keeper dieses Turniers, der schon die Dänen und Polen mit seinen Paraden entnervt hatte. Er wies nach der Vorrunde mit 46 Prozent gehaltener Würfe eine famose Fangquote auf.

Die deutschen Handballer aber wollten über Serbiens Senkrechtstarter von Metalurg Skopje nicht nachdenken. »Wenn man sich über den Torwart Gedanken macht, hat man schon verloren«, erklärte Regisseur Michael Haaß.

Sie hatten selbstbewusst gewirkt, aber sie wurden zu Beginn kalt erwischt von den Serben. Bevor Stanic den ersten Ball halten musste, lagen die Deutschen schon mit 0:3 zurück. Als Lars Kaufmann das erste Mal aus dem Rückraum zum 1:4 traf, waren schon sieben Minuten absolviert. Gegen die 6:0-Abwehr der Schweden hatte man noch flüssig kombiniert, gegen die Deckung der Serben aber fehlte es am Timing, an der Passgenauigkeit, auch am Kreisläufer- und Flügelspiel.

Torwart Heinevetter hingegen war sofort im Spiel. Seinen großen Paraden war es zu verdanken, dass der Gastgeber der 10. EM die Partie nicht schon in der ersten Viertelstunde entschied. Und da auch die deutsche Abwehr um Oliver Roggisch gut eingestellt war auf das serbische Positionsspiel, war das DHB-Team bald wieder da: Nach einem Hattrick durch Holger Glandorf war beim 4:5 (17.) der Anschluss wieder geschafft.

Bis zum 6:7 (23.) blieben die Deutschen in Reichweite, doch dann demonstrierte Ilic immer wieder seine Klasse, indem er, meist aus dem Lauf kommend, den Ball ins Netz jagte. So zogen die Serben allmählich davon, da die deutsche Offensive ihre Probleme nicht in den Griff bekam. Auch die Hereinnahme von Kapitän Pascal Hens brachte wenig. Als Ilic zwei Sekunden vor der Pause einen Sprungwurf zum 7:12 einnetzte, schien das Spiel schon verloren.

Zumal die Serben nach der Pause mit dem 8:15 (34.) schnell auf sieben Treffer erhöhten. Doch das deutsche Team kam tatsächlich noch einmal zurück in die Partie. Heinevetter hielt nun das, was er halten konnte, und nun klappte vor allem der Tempogegenstoß: Nachdem Roggisch zwei Gegenstöße verwandelte und Kaufmann wieder traf, war das Team beim 14:16 (40.) plötzlich wieder dran. Kaufmann hatte beim 16:17 (44.) die Chance auf den Ausgleich, dann Wiencek, aber es dauerte bis zur 49. Minute, bis Kreisläufer Christoph Theuerkauf zum 18:18 traf. Nun wurde es hitzig auf dem Feld, und die deutschen Profis vergaben viele Chancen - aber die letzte Sekunden vor Schluss nutzten sie.

Überhaupt waren an diesem ersten Hauptrundentag in der mit 18 000 Fans gefüllten Belgrader Arena verrückte Dinge passiert: Denn im ersten Spiel hatte Schweden beim 29:29 gegen Polen eine 20:9-Pausenführung (!) noch aus der Hand gegeben. Und anschließend holte Dänemark einen 11:17-Rückstand gegen Mazedonien auf und gewann durch ein Tor zwei Sekunden vor Schluss mit 33:32.

Vor dem heutigen Siel gegen Dänemark schlug der Bundestrainer Alarm: Der Hamburger Pascal Hens droht auszufallen. Der Kapitän lag am Sonntag mit einem Magen-Darm-Infekt flach. Sein Einsatz ist ungewiss.

EM-Vorrunde

Gruppe C

Spanien - Russland 30:27
Frankreich - Ungarn 23:26
1. Spanien 2 1 0 88:77 5
2. Ungarn 1 2 0 81:78 4
3. Frankreich 1 0 2 77:79 2
4. Russland 0 1 2 82:89 1

Gruppe D

Island - Slowenien 32:34
Kroatien - Norwegen 26:20
1. Kroatien 3 0 0 88:78 6
2. Slowenien 1 0 2 90:91 2
3. Island 1 0 2 95:97 2
4. Norwegen 1 0 2 80:87 2

EM-Hauptrunde

Gruppe 1 in Belgrad

Polen - Schweden 29:29
Dänemark - Mazedonien 33:32
Serbien - Deutschland 21:21
1. Deutschland 2 1 0 74:68 5
2. Serbien 2 1 0 67:61 5
3. Polen 1 1 1 74:77 3
4. Dänemark 1 0 2 81:83 2
5. Schweden 0 2 1 79:84 2
6. Mazedonien 0 1 2 81:83 1

Montag: Polen - Mazedonien, Dänemark - Deutschland (18.20 Uhr), Serbien - Schweden. Mittwoch: Polen - Deutschland (16.15 Uhr), Dänemark - Schweden, Serbien - Mazedonien.

Gruppe 2 in Novi Sad

Ungarn - Island 21:27
Frankreich - Slowenien nach Red.
Spanien - Kroatien nach Red.
1. Kroatien 2 0 0 62:58 4
2. Spanien 1 1 0 53:50 3
3. Ungarn 1 1 1 71:74 3
4. Island 1 0 2 88:86 2
5 Slowenien 1 0 1 63:63 2
6. Frankreich 0 0 2 49:55 0

Dienstag: Spanien - Island, Frankreich - Kroatien, Ungarn - Slowenien.
Mittwoch: Frankreich - Island, Spanien - Slowenien, Ungarn - Kroatien.

Modus: Gruppen-1. und 2. im Halbfinale.

Olympia-Ticket

Nach dem Vorrunden-Aus von Russland und Norwegen kämpfen bei dieser EM noch fünf Teams um eines der beiden Tickets für ein vorolympisches Qualifikationsturnier: Deutschland, Serbien, Polen und Mazedonien aus der Hauptrundengruppe 1 sowie Slowenien aus der Hauptrundengruppe 2.

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