Antrag gegen Pablo Neruda

Chemnitz: Schulstreit

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Pablo-Neruda-Grundschule im Chemnitzer Stadtteil Kaßberg könnte ab Sommer nicht mehr nach dem berühmten chilenischen Dichter und Literaturnobelpreisträger benannt sein und fortan nur noch »Grundschule auf dem Kaßberg« heißen. Über einen entsprechenden Antrag der Schulkonferenz muss der Stadtrat nächsten Mittwoch entscheiden. Gegen die Umbenennung regt sich jetzt allerdings Widerstand von Kulturschaffenden. In einem Offenen Brief an den Stadtrat zeigen sich die Unterzeichner, unter ihnen u.a. der Chefdramaturg und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Landesbühnen Sachsen, Karl-Hans Möller, und der ehemalige Schauspiel-Direktor Hartwig Albiro »verwundert und irritiert« über das Vorhaben der Schule. »Die Benennung einer Schule nach einem der bedeutendsten Dichter dieser Erde, ist nicht nur eine Würdigung des Künstlers, sondern sendet auch einen Reiz aus an die, welche täglich in die Schule hinein oder an ihr vorbei gehen«, heißt es in dem am Montag verschickten Schreiben.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schule versucht, den Namen des Dichters, der bei den Parlamentswahlen 1945 als unabhängiger Kandidat für die Kommunistische Partei Chiles kandidierte und kurze Zeit später dieser auch beitrat, zu tilgen. Bereits 2002 und 2003 hatte sie eine Namensänderung beantragt, scheiterte damit allerdings. Die Schulleitung selbst begründet den neuerlichen Vorstoß damit, dass Grundschüler heutzutage keinen Bezug mehr zu dem Namensgeber hätten. Neruda habe sich mit seinen politischen Werken hauptsächlich an erwachsene Leser gewandt. Dieser Sichtweise widersprechen die Unterzeichner des Offenen Briefs. Gerade für Grundschüler könne es spannend sein, »mit Hilfe von Landkarten, Globen, Bildern und Geschichten« sich dem Leben und Werk des Dichters zu nähern. Zum Beispiel: »Wo liegt Chile? Warum gab es in Spanien einen Krieg der Bürger? Was hat das mit Faschismus zu tun - der war doch in Deutschland?« Und sie fragen: »Ist das wirklich eine unzumutbare Herausforderung für Eltern und Lehrer?«

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