Zu essen, »bis der Nabel glänzt«, ist für viele der Inbegriff des guten Lebens überhaupt. Doch es gibt auch Menschen, die sich immer wieder den Bauch vollschlagen, ohne es zu wollen. Sie essen in kurzer Zeit riesige Nahrungsmittelmengen, obwohl sie nicht hungrig sind. Meist verschlingen sie alles in rasendem Tempo - bis sie nicht mehr können. Sie haben nicht unter Kontrolle, was oder wie viel sie essen und wann sie aufhören müssen. Menschen, die immer wieder von Heißhungerattacken heimgesucht werden, leiden unter der Essstörung Binge-eating-disorder. »Binge« (engl.) bedeutet so viel wie »ein Fress- oder Saufgelage abhalten.«
Menschen aller Altersgruppe können daran erkranken. Ein Drittel der Betroffenen sind Männer. Die Essanfälle, die mindestens an zwei Tagen pro Woche auftreten, belasten die Betroffenen sehr. Sie schämen oder ekeln sich und fühlen sich schuldig. Da ihnen ihre »Völlerei« peinlich ist, essen sie meist heimlich und allein. Die immer wiederkehrenden Essanfälle können dazu führen, dass sich die Betroffenen zurückziehen und nicht mehr zur Arbeit oder zur Schule gehen. Darüber hinaus verlieren sie jegliches Gefühl für einen natürlichen Hunger. Da sie nach ihren Fressorgien nicht versuchen, die überschüssigen Kalorien wieder loszuwerden, sind viele übergewichtig. Das Übergewicht erhöht jedoch das Risiko, an Diabetes oder Bluthochdruck zu erkranken.
Die Ursachen der Binge-eating-disorder sind nicht genau bekannt. Es wird vermutet, dass seelische Probleme, Depressionen, Kummer und Einsamkeit eine Rolle spielen. Essen wird als Trost oder als Ablenkung eingesetzt. Aber auch der weit verbreitete Schlankheitswahn, verschiedene Modetrends, der Jugendkult und der Überfluss an Nahrungsmitteln kann indirekt zur Entstehung dieser Essstörung beitragen. Denn viele Betroffene sind schon lange unzufrieden mit dem Zunehmen. Ärger, Enttäuschungen oder nervliche Belastungen sind dann meist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und die Essattacken auslöst.
Mit einer Kombination aus Psychotherapie, Bewegung und Ernährungslehre kann den Patienten geholfen werden. Zu den wichtigsten Zielen der Behandlung gehört es, das Essverhalten zu normalisieren und die seelischen Probleme anzugehen. Natürlich wird auch eine Gewichtsreduktion angestrebt, jedoch ohne Diät. Die Essgestörten sollen nur durch Ernährungsumstellung und Bewegung abnehmen. Sie lernen, die Nahrungsaufnahme nicht mehr mit ihren seelischen Problemen, sondern nur noch mit Hunger oder Sättigung zu verbinden. Außerdem werden sie darin unterwiesen, wie sie ihre Essbedürfnisse kontrollieren und ihren Stress bewältigen können.
Darüber hinaus sollen die Binge-eating-disorder-Patienten versuchen, ihr Gewicht zu akzeptieren und sich wohl in ihrem Körper zu fühlen. Die Therapie hat nicht immer Erfolg, denn ein Teil der Betroffenen wird rückfällig. Das liegt unter anderem daran, dass die Binge-eating-disorder wie eine Sucht ist. Dennoch sollten sich die Betroffenen professionelle Hilfe suchen, da sie sich meistens nicht selbst helfen können. Essstörungen wie diese verschwinden nicht von heute auf morgen. Die Betroffenen müssen oft Jahre lang damit leben. Ambulante Betreuungsangebote, Selbsthilfegruppen und verständnisvolle Mitmenschen können dazu beitragen, dass sie weniger leiden, vielleicht sogar gesund werden.
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Dick und Dünn e.V., Innsbrucker Str. 25, 10825 Berlin, Telefon (030)8544994, www.dick-und-duenn-berlin.de
Therapie-Centrum für Ess-Störungen TCE, Schleißheimer Str. 267, 80809 München, Tel. (089)356249-0, www.t-c-e.de,
Zentrum für Ess-Störungen Hansaallee 18, 60322 Frankfurt, Telefon (069)550176, www.fz-ess-stoerungen.de
www.hungrig-online.de
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