Nordrhein-Westfalen fordert Kompensation für Öko-Strom

Kritik an Klagedrohung Bayerns gegen Länderfinanzausgleich / Leutheusser-Schnarrenberger verteidigt Vorgehen

  • Lesedauer: 3 Min.
Mehrere Länder wehren sich gegen die Absicht Bayerns, seine Zahlungen in den Länderfinanzausgleich zu reduzieren. Nordrhein-Westfalen versucht nun, den Spieß umzudrehen.

Berlin (Agenturen/nd). Das größte Bundesland fordert als Reaktion auf die angekündigte Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich einen neuen Finanzausgleich für Öko-Strom. Allein 2011 hätten die Stromkunden in Nordrhein-Westfalen für den bundesweiten Ausbau der erneuerbaren Energien unter dem Strich 2,25 Milliarden Euro gezahlt hätten - mehr als alle anderen Bundesländer zusammen, so Landwirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) am Montag.

»Es kann nicht sein, dass die Haushalte in NRW die Flut der Solaranlagen auf den bayerischen Dächern fast alleine bezahlen müssen«, sagte Duin der »Rheinischen Post«. Bayern ist dem Bericht zufolge der größte Netto-Gewinner der sogenannten EEG-Umlage, durch die das Subventionsgeld für Solar- und Windstrom eingesammelt und verteilt wird. Nach Süddeutschland flossen demnach 2011 netto 1,1 Milliarden Euro aus dem EEG-System.

Die bayerische Regierung hatte vergangene Woche eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich beschlossen. Bayern als größtes Geberland will damit seine Zahlungen in das Solidarsystem reduzieren. Der Ausgleich soll durch Finanzhilfen reicherer Bundesländer an ärmere Länder helfen, in ganz Deutschland vergleichbare Lebensbedingungen zu sichern. Der Freistaat zahlte vergangenes Jahr mit rund 3,7 Milliarden Euro mehr als die Hälfte in den Topf.

Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), übte Kritik an der Ankündigung der Staatsregierung, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. »Horst Seehofer macht mit diesem Thema Wahlkampf und das finde ich schade«, sagte Sellering der »SuperIllu« an die Adresse des bayerischen Ministerpräsidenten. Ohne den Finanzausgleich fehle Geld etwa für Familienpolitik oder Lehrer, mahnte er. Auch bei Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) stieß die Klageandrohung auf Ablehnung.

Das Nehmerland Niedersachsen sieht derzeit keine Notwendigkeit, den Finanzausgleich neu zu verhandeln. »Wir haben dieses Thema im Kreis der Ministerpräsidenten mehrfach ergebnislos diskutiert«, sagte Regierungschef David McAllister (CDU) im ZDF. »Wir sollten erst mal abwarten, ob tatsächlich Klage erhoben wird.«

Bereits der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), kritisierte das Vorgehen Seehofers. »Die Länder brauchen Planungssicherheit«, sagte er im »Deutschlandfunk«. Zudem habe Bayern seinerzeit den bis 2019 befristeten Transferzahlungen aus dem Finanzausgleich und dem Solidarpakt zugestimmt.

Am Wochenende hatte auch das Geberland Hessen den Druck auf die ärmeren Länder erhöht. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stellte eine Klage in Aussicht für den Fall, dass es bis Anfang 2013 zu keiner Verständigung kommen sollte.

Die bayerische FDP-Vorsitzende und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Nehmerländer unterdessen zur Kompromissbereitschaft auf. Sie verteidigte am Montag die Entscheidung, vor Gericht zu ziehen. »Jeder weiß, es geht nicht darum, den Länderfinanzausgleich abzuschaffen, sondern die Ausrichtung, die jetzt eine übermäßige Belastung beinhaltet für einige wenige, zu korrigieren.« Gerade die FDP habe sich dafür eingesetzt, die Klage einzureichen.

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