Klagenfurter »Patrioten«

Kärntens ÖVP-Chef gibt illegale Parteienfinanzierung zu

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach langem Leugnen hat Josef Martinz, Chef der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im Bundesland Kärnten, den Missbrauch öffentlicher Gelder für die Finanzierung der ÖVP und der Partei des früheren Landeshauptmanns Jörg Haider gestanden. Flugs trat er von allen politischen Ämtern zurück und aus der Partei aus.

Das System hat mafiotische Dimensionen. Im Zuge des Verkaufs der mehrheitlich in Kärntner Landesbesitz befindlichen Bank »Hypo Alpe Adria« an die Bayerische Landesbank im Jahr 2007 wurde vereinbart, dass auch »etwas an die Parteien gehen soll«, sagte Martinz vor dem Klagenfurter Richter. Der Deal sollte sechs Millionen Euro schwer sein und zu gleichen Teilen den Regierungsparteien ÖVP und Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ - Haiders Abspaltung von der FPÖ) sowie dem Berater Dietrich Birnbacher zugute kommen. Dessen gerichtliche Beichte bringt nun die Größen der Kärntner Politik zu Fall. Birnbachers »Expertise« zum Verkauf der Hypo an die Bayerische LB sollte ursprünglich mit einem Honorar von 12 Millionen Euro vergütet werden. Landeshauptmann Jörg Haider ließ daraufhin verkünden, bei Birnbacher einen 50-prozentigen »Patriotenrabatt« erwirkt zu haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war das wenige Seiten starke Gutachten aber höchstens 250 000 Euro wert.

Hinter den Kulissen verteilte man die Beute. Um keinen Fehler zu machen, erkundigte sich Experte Birnbacher nach eigener Aussage beim damaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser in Wien, wie er die aus öffentlichen Töpfen stammenden Gelder des Deals an die Parteien übergeben solle. Das musste unauffällig und steuerschonend passieren, mal in größeren Couverts, mal über Honorare beispielsweise für die Anwältin von Josef Martinz. Mit dem Unfalltod Jörg Haiders im Oktober 2008 erlosch im Selbstverständnis des ÖVP-Chefs auch der Anspruch des BZÖ. Zwar hätten Haiders Nachfolger noch 500 000 Euro von dem »Beraterhonorar« beansprucht, Geld sei aber keines mehr geflossen, »Haider war ja schon tot«, meinte Martinz trocken.

Die Geschichte der »Hypo Alpe Adria«-Bank sollte den österreichischen Steuerzahler noch um ein Vielfaches belasten. Am 14. Dezember 2009 wurde die heruntergewirtschaftete und von Bayern konkursreif hinterlassene Bank für den symbolischen Preis von 3 Euro an die Republik Österreich verkauft. Die Notverstaatlichung hat ein Loch von 1,5 Milliarden in den Bundeshaushalt gerissen. Weitere Haftungen in Höhe von 3 Milliarden, mit denen sich die Bayerische LB ihren Ausstieg absichern ließ, könnten 2013 fällig werden.

Martinz‘ Nachfolger auf dem Chefstuhl der Kärntner ÖVP hat sich bei »allen Gutgesinnten« für das Verhalten seines Vorgängers entschuldigt. Ob das reicht, wird auch in Wien entschieden. Dort gibt es in der SPÖ-ÖVP-Koalition erste Überlegungen, den Kärntner Landtag aufzulösen. Rechtlich wäre dies möglich, doch ein solcher Eingriff in die föderalen Strukturen hat seit 1945 nicht stattgefunden.

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