Zu Hause bei Teresa
In einem ehemaligen Schweriner Kinderheim leben deutsche und russische Senioren Tür an Tür - zweisprachig betreut
Schwerin. Deutsche und russische Rentner wohnen in Schwerin einträchtig im Haus Teresa zusammen. Sie praktizieren, was in ihrer Jugend zwar politischer Wille war, aber trotz deutsch-sowjetischer Freundschaft wenig gelebt wurde. Die in der DDR stationierten Sowjetoffiziere mit ihren Familien wohnten zumeist in separaten Stadtteilen. Nach der Wende mischten sich Einwanderer aus der früheren Sowjetunion unter die Mecklenburger und Vorpommern. In Schwerin entstand das erste Haus mit altengerechten Wohnungen sowie mit Pflege- und Betreuungsangeboten in russischer und deutscher Sprache.
Vorreiter ist der russisch-deutsche Pflegedienst Teresa, der im Jahr 2007 für russischsprachige Patienten gegründet wurde, aber auch für alle anderen offen steht. Rund 100 Kunden sind es heute. Um weiter zu wachsen, kaufte die Firma ein ehemaliges Kinderheim in einem Plattenbauviertel und ließ es zu altengerechten Wohnungen umbauen - mit breiten Türen ohne Schwellen, geräumigen Küchen und Bädern, einem Fahrstuhl. Vor einem Jahr wurde es eröffnet.
Wer Pflege braucht, kann sie hier bekommen, ständig oder nur im Krankheitsfall, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Pflegedienstes, Vitta Oganezova. »Die Bewohner können auch nur Einkaufen, Reinigung oder Wäschewaschen bestellen.« Rund 100 Mieter leben in den 79 Wohnungen. »Was uns am meisten überrascht: Es sind zur Zeit mehr Deutsche als Russen«, sagt sie. Etwa 70 Deutsche, 30 Russen. Zur Eröffnung sei das Verhältnis noch 50:50 gewesen. Die Ein- und Zwei-Raum-Wohnungen sind nahezu alle fertig und belegt. Zu den ersten Mietern gehört die ehemalige Köchin Anneliese Götzke. »Ich wollte unbedingt hierher«, erzählt sie. Nachdem sie Mann und Sohn verloren habe, wollte sie nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben.
»Wir kommen alle gut miteinander klar, sitzen zusammen, trinken Kaffee«, berichtet eine rundliche Frau, die »Blumenfrau«. Renate Allmeroth hat im Innenhof Blumen gepflanzt, für die Bewohner Geld zusammenlegten. Sie kam mit ihrem Mann ins Haus Teresa. Noch pflegt sie ihn selbst. Wenn ihr das eines Tages zu schwer ist, wird der Pflegedienst einspringen. Unter Deutschen hat es sich offensichtlich herumgesprochen, dass die Pflegekräfte aus der ehemaligen Sowjetunion ihre Arbeit mit Liebe und ganzer Seele tun, äußert die Vize-Geschäftsführerin zufrieden. Manchmal würden Anrufer allerdings auflegen, wenn sie den Akzent hören, sagt sie. Die 42-jährige Lehrerin aus einer jüdischen Familie kam 2002 mit Mann und Kind aus Rostow am Don. Sie fühlt sich in Deutschland frei und integriert. »Ich wollte das unbedingt.«
Alte und kranke Menschen brauchten viel Zuwendung, zumal wenn sie ihre Heimat verloren haben und die fremde Sprache kaum oder gar nicht beherrschten, meint Oganezova. Manche seien einsam, weil die Kinder anderswo Arbeit gefunden haben oder der Ehepartner gestorben ist. »Einige Patienten betrachten unser Pflegepersonal fast als Familienmitglieder«, erzählt sie. »Wir versuchen auch, immer so zu arbeiten, als ob wir die eigene Oma pflegen.« Das Haus Teresa soll im Herbst endlich ganz fertig werden. Renate Allmeroth weiß, was das Leben hier noch angenehmer machen würde. Die Bauarbeiten stören sie nicht. Aber: »Ein Gemeinschaftsraum wäre schön, wo wir Frauen uns treffen könnten. Dann wäre auch der Zusammenhalt noch größer.« Jetzt im Sommer sitzen sie im Innenhof.
Die GmbH wartet Oganezova zufolge noch auf einen Kredit. Dann sollen die restlichen Wohnungen und die Außenanlagen fertiggestellt werden. Im Anbau sollen der ersehnte Gemeinschaftsraum und Räume für eine Tagespflege entstehen. Ein richtiges Schmuckstück ist bereits jetzt unmittelbar neben dem Haus Teresa entstanden: Eine aus Holz errichtete originale russisch-orthodoxe Kirche mit Zwiebeltürmchen, von Ukrainern gebaut.
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