Konfliktpotenzial

Kommentar von Christian Klemm

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Politik drückt auf die Tube. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls bei der Reform des Verfassungsschutzes auf. Jahrelang haben es die Landesämter mit der Geheimhaltung ganz genau genommen. So genau, dass weder ihre Kollegen in anderen Bundesländern noch die Bundesbehörde so recht mitgekriegt haben, wer zur Zeit gerade wen beobachtet. Vermutlich wäre die Mordserie des »Nationalsozialistische Untergrund« (NSU) wenigstens zum Teil verhindert worden, hätten die Abteilungen des Inlandsgeheimdienstes enger zusammengearbeitet.

Jetzt ist Eile geboten, schließlich muss ein Versagen der Schlapphüte wie bei den NSU-Verbrechen für die Zukunft möglichst ausgeschlossen werden. Es wird deshalb erwogen, einzelne Landesämter für einen besseren Informationsfluss zusammenzulegen. An und für sich ein vernünftiger Vorschlag, doch da machen die Ministerpräsidenten bis auf wenige Ausnahmen nicht mit. Der Grund dürfte einfach sein: Durch das Zusammenlegen würden ihre Einflussmöglichkeiten auf die Ämter dahinschmelzen wie eine Kugel Erdbeereis im Hochsommer. Würden die Pläne Realität, müssten sich mehrere Regierungschefs über das Vorgehen eines Landesamtes verständigen. Das birgt großes Konfliktpotenzial, gehen doch die Vorstellungen, wer beobachtet werden soll und wer nicht, zum Teil weit auseinander. Wenn allerdings kleinliches Kompetenzgerangel für wichtiger gehalten wird als der Kampf gegen Naziterroristen, hätten die Verantwortlichen aus dem NSU-Desaster nichts gelernt.

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