In Krisenzeiten mit Gold nicht im sicheren Hafen

Gold als Geldanlage?

  • Lesedauer: 4 Min.
Durch die Zuspitzung der Eurokrise ist das Thema Gold in diesem Sommer wieder in aller Munde. Gold ist schließlich eine - im Wortsinne - handfeste Geldanlage, steht für Solidität und Sicherheit. Und Gold verheißt hohe spekulative Gewinne. So stieg der Goldkurs seit Krisenbeginn von unter 500 Dollar auf 2000 Dollar pro Feinunze (rund 31 Gramm). Aber in Krisenzeiten ist man mit Gold als Geldanlage nicht unbedingt im sicheren Hafen.

Im Frühling 2012 war auch Gold in den allgemeinen Abwärtssog geraten. Im Mai gab das gelbe Edelmetall auf Dollarbasis um 6,3 Prozent nach. Hat Gold seine Rolle als vermeintlich sicherer Hafen in Krisenzeiten eingebüßt?

Nein, meint man bei der Commerzbank. »Wie wir in einer Untersuchung gezeigt haben, schlägt sich Gold in Krisenzeiten in der Regel zumeist besser als die anderen Anlageklassen«, erklärt Eugen Weinberg, Analyst der Großbank.

Sonderfaktor: Goldpreis wird in Dollar ermittelt

Der Mai dürfte somit eine Ausnahme von der Regel darstellen. Dass Gold nicht von der Zuspitzung der Krise profitieren konnte, habe vor allem am festeren US-Dollar gelegen. Dieser wertete im Frühjahr deutlich auf und erreichte das höchste Niveau seit knapp zwei Jahren.

Ein Sonderfaktor, der aber auf ein besonderes Risiko für Anleger verweist: Der Goldpreis wird in Dollar ermittelt. Da deutsche Anleger aber mit Euro zahlen, ist der Wechselkurs von Euro zu Dollar für Anleger fast ebenso wichtig wie der Kurs des gelben Edelmetalls.

Hochzeiten in Indien verteuern Gold

Bei der Commerzbank bleibt man trotz Frühjahrsdelle optimistisch: »Gold & Co. werden im zweiten Halbjahr wieder glänzen«, heißt es. In der Frankfurter Großbank erwartet man, dass die Nachfrage im zweiten Halbjahr wieder anzieht und der Goldpreis gegen Jahresende das Rekordhoch aus dem vergangenen Jahr erneut erreicht.

Dafür gibt es mehrere Gründe: So beginne im September in Indien die Hochzeitssaison, welche mit einer höheren Goldnachfrage einhergeht. Es folgen im November die bedeutenden hinduistischen Feiertage Dhanteras und Diwali, an denen traditionell viel Gold verschenkt wird. Zudem dürften weltweit die Zentralbanken ihren Goldanteil erhöhen. Die Folge: einerseits starke Nachfrage, anderseits ein Angebot, das kaum wächst.

Eine nennenswerte Steigerung der Minenproduktion gab es 2011 nur noch in Mexiko, Kanada und Burkina Faso. Die Goldproduktion im ehemals weltgrößten Produzentenland Südafrika ist dagegen weiter rückläufig.

»Wir«, so Commerzbank-Experte Weinberg, »gehen angesichts dessen davon aus, dass der Goldpreis in der zweiten Jahreshälfte deutlich steigen und gegen Ende des Jahres die im vergangenen Jahr erreichten Rekordstände von über 1900 US-Dollar je Feinunze wieder erreichen wird.« Dies kann durchaus noch schneller passieren, wie das vergangene Jahr zeigte. Damals stieg der Goldpreis zwischen Anfang Juli und Anfang September um 400 Dollar.

Es mag so kommen oder auch nicht. Anleger sollten in den Erläuterungen des Bankanalysten allerdings vor allem ein weiteres Risiko erkennen: Der Goldpreis hängt von vielen Faktoren ab, wobei private Kleinsparer diese Faktoren kaum überschauen.

Entscheidung zwischen Barren, Münzen, Zertifikaten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in Gold zu investieren. Die Interessenten können physisches Gold kaufen, als Barren, Münzen oder Schmuck. Sie können Aktien von Unternehmen aus der Goldbranche kaufen oder Anteile an Investmentfonds, die in verschiedene Aktien aus dem Goldsektor anlegen.

Ebenso können Anleger ihr Geld in Gold-Indexfonds, auch Gold-ETF (Exchange Trade Funds), stecken. Ein Indexfonds bildet einen Index einfach nur passiv nach, ohne selber aktiv in Edelmetalle oder Aktien nach eigenen Vorstellungen zu investieren. Das spart Kosten für ein teures Management und verspricht so unterm Strich eine höhere Rendite. Außerdem werden von Banken und Finanzvertrieben Goldzertifikate angeboten. Zertifikate sind reine Wetten auf den Goldkurs zwischen Anleger und Bank - ohne, dass Bank oder Anleger tatsächlich Geld in Gold anlegen.

Es lockt also in vielfacher Form die »schnelle Mark«. Doch Vorsicht! Gold ist als Geldanlage für Amateure voller Tücken. »Leider werden Nachteile und Risiken einer Anlage in Gold von Verbrauchern oft ausgeblendet oder unterschätzt«, warnt Sylvia Beckerle, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Besonders zu beachten ist das sogenannte Kursrisiko. »Sollte sich in der Zukunft die Lage an den Kapitalmärkten beruhigen, die Schuldenkrise eingedämmt werden oder die Zinsen ansteigen, kann dies zu fallenden Preisen beim Gold führen«, so Beckerle. Ein weiteres in keinem Fall zu vernachlässigendes Risiko sind auch Währungsschwankungen, da Gold wie dargestellt in Dollar notiert wird. Experten empfehlen grundsätzlich immer eine breite Streuung der Geldanlagen. Etwa fünf Prozent davon können in Gold angelegt werden.

Unserer Tipp

Wollen Sie Gold als Krisenschutzanlage verwenden, empfiehlt sich dazu physisches Gold. Kaufen Sie Goldbarren oder anerkannte Goldanlagemünzen wie »Eagle« oder »Britannia« mit einem Feingehalt von 999,9 und einem Echtheitsnachweise wie dem LBMA-Siegel der London Bullion Market Association.

Das Fazit: Egal in welches Goldprodukt Sie investieren - eines gilt immer: Gold ist eine unsichere Geldanlage.

HERMANNUS PFEIFFER


Faltblatt erhältlich

Weitere Informationen zu Chancen und Risiken beim Kauf von Gold als Barren, Münzen oder in Wertpapierform liefert das Faltblatt »Gold - ein sicherer Hafen in Krisenzeiten?«. Es ist kostenlos in allen Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz erhältlich. Der Postversand erfolgt nach vorheriger Übersendung eines mit 0,55 Euro frankierten DIN-lang-Rückumschlages (für ein Exemplar) durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Versand, Postfach 4107, 55031 Mainz.

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