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„Den Ball schon drin gesehen“

Mangelnde Chancenverwertung und ein starker Gästetorwart beim 3:0 der DFB-Elf gegen die Färöer Inseln

Auf Gunnar Nielsen sind sie auf den Färöer Inseln besonders stolz. Der 25-jährige Torwart spielt als einziger aus dem derzeitigen Kader der Fußball-Nationalmannschaft in einer der großen europäischen Ligen. Da spielt es kaum keine Rolle, dass er in der Premier League beim aktuellen englischen Meister Manchester City in dreieinhalb Jahren bisher nur 17 Minuten zwischen den Pfosten stand. Und er wenn er sich im Nationaltrikot weiter so vehement und gekonnt wie am Freitagabend in Hannover den gegnerischen Angriffen entgegenwirft, wird sich an der Zuneigung seiner Landsleute so schnell nichts ändern. Beim 3:0 (1:0) im WM-Qualifikationsspiel gegen die DFB-Auswahl vereitelte Nielsen neun hochkarätige Chancen.

„Nielsen ist ja fast über sich hinausgewachsen“, lobte Bundestrainer Joachim Löw später den gegnerischen Torwart. So dauerte es im Spiel auch bis zur 28. Minute als die 32769 Zuschauer nach unzähligen Angriffen endlich das erste Mal für den Gastgeber jubeln durften. Der Dortmunder Mario Götze umkurvte im Strafraum fünf Gegenspieler und ließ dem sechsten, Nielsen, mit einem platzierten Schuss ins Eck keine Chance. Auch beim zweiten und dritten Gegentreffer durch Mesut Özil war der Keeper der Färöer machtlos. In der 54. Minute vollendete der Spielmacher von Real Madrid nach einem Konter auf Vorlage von Thomas Müller mühelos aus der Nahdistanz. Nach 72 Minuten wurde Özil im Strafraum von Marco Reus bedient und traf zum Endstand.

Den einzigen Jubelschrei hatten die knapp 500 Fans der Färöer acht Minuten vor dem Abpfiff auf den Lippen. Manuel Neuer hatte ob seiner Beschäftigungslosigkeit im deutschen Tor etwas die Konzentration verloren und den Schuss von Jóan Simun Edmundson aus 20 Metern nach einem kleinen Fehler gefährlicher gemacht, als er eigentlich war. Die weitgereisten Anhänger feierten ihr Team nach dem Abpfiff natürlich trotzdem. Ihre gute Laune, die sie aus dem Brauhaus Ernst August in Hannovers Alststadt mitgebracht hatten, wo sie sich warmgesungen und auf die Partie eingestimmt hatten, überdauerte auch die für sie wenig hoffnungsvollen 90 Minuten.

Gunnar Nielsen wurde nach seinem 9. Länderspiel am ausgiebigsten in der Färöer Kurve gefeiert. Zu recht. Egal ob Sami Khedira, Thomas Müller, Reus oder Özil, sie alle fanden nach den zahlreichen Chancen ihren mehrmals Meister im gegnerischen Tor. „Als Torwart der Färöer weiß man, dass man immer sehr viel zu tun bekommt“, sagte Nielsen gegenüber „nd“. Weil er immer viele Möglichkeiten bekommt, sich auszuzeichnen, ist er oft auch der Beste seines Teams. So auch in Hannover. Lob wollte er dafür keines.

Für die sehr offensiv aufgestellte deutsche Mannschaft lässt dieses Spiel kaum Rückschlüsse zu. Khedira beherrschte die Zentrale als einzig aufgestellter defensiver Mittelfeldspieler. Davor versuchten Özil, Reus, Götze, Müller und Miroslav Klose den Gegner, der sich konsequent mit neun Spielern tief in die eigene Hälfte zurückzog, mit Kombinationsfußball auszuspielen. Das gelang ordentlich, im Abschluss fehlte jedoch des Öfteren die Konsequenz. „Vielleicht weil man den Ball schon drin gesehen hat“, mutmaßte Khedira. Vielleicht fehlte ob der großen Überlegenheit der letzte Wille. So konnte Löw letztlich nur „einen guten Start“ in die WM-Qualifikation konstatieren und sich über den 500. Sieg in der Länderspielgeschichte des DFB freuen.

Immerhin reist die deutsche Nationalmannschaft nun als Gruppenerster nach Wien. Dort geht es am Dienstag gegen den am Freitag spielfreien Gastgeber Österreich. In der zweiten Partie der Gruppe C gewann Irland mit zwei späten Toren in Kasachstan 2:1. Diese Teams und Schweden rechnen sich allesamt Chancen auf die Qualifikation zur WM 2014 in Brasilien aus. Die Färöer nicht. Trainer Lars Olsen hat das Ziel, in dieser Gruppe nicht punktlos zu bleiben. Hoffnung macht ihm sein Torwart Gunnar Nielsen: „Zu Hause können wir den Gegnern mehr Probleme bereiten, auswärts stehen wir meist nur in der Defensive.“ Vielleicht klappts ja schon im nächsten Heimspiel am 12. Oktober gegen Schweden.

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