Rund um die Uhr für Schwerstpflegebedürftige

Urteile im Überblick

  • Lesedauer: 3 Min.
Schwerstpflegebedürftige behinderte Menschen in einem Wohnheim müssen nachts rund um die Uhr von einer Pflegefachkraft betreut werden. Ein Bereitschaftsdienst kann die nächtliche Pflege nicht gewährleisten, vielmehr ist eine Nachtwache erforderlich. So das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem am 3. August 2012 veröffentlichten Beschluss (Az. 4 K 897/12).

Damit muss ein Betreiber eines Behindertenwohnheimes in Baden-Württemberg die nächtliche Pflege seiner 38 teilweise schwerstpflegebedürftigen Bewohner mit einer Nachtwache gewährleisten. Seit Jahren wurde die nächtliche Betreuung nur vom Bereitschaftsdienst abgedeckt, bis nun die Heimaufsicht diese Praxis monierte. Es müsse mindestens eine Pflegefachkraft als Nachtwache eingesetzt werden.

Das für Baden-Württemberg geltende Landesheimgesetz und die Heimpersonalverordnung sehen vor, dass in Heimen mit pflegebedürftigen Bewohnern mindestens eine Fachkraft für den aktiven Nachtdienst ständig anwesend sein muss. Ein Bereitschaftsdienst reiche nicht aus. Ziel der Vorschriften sei es, einen einheitlichen Mindeststandard bei der Heimpersonalausstattung zu gewährleisten.

Zinsen aus Schmerzensgeld auf Hartz IV angerechnet

Müssen die Zinsen aus Schmerzensgeld als Einkommen auf den Hartz-IV-Satz angerechnet werden?

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel bejahte diese Frage mit seinem Urteil vom 22. August 2012 (Az. B 14 AS 103/11 R). Solche Zinsen seien zu Recht als Einkommen anrechenbar, sagte der Vorsitzende Richter. Das Schmerzensgeld an sich ist bei der Berechnung von Hartz IV grundsätzlich ausgeschlossen.

Der verhandelte Fall: Eine Mutter und ihre beiden Kinder aus Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) hatten nach einem schweren Unfall der beiden Kinder in einer Achterbahn bei einer Kirmes in Mönchengladbach rund 132 500 Euro Schmerzensgeld bekommen. Die beiden Kinder hatten von dem Unfall bleibende Schäden behalten und sind seitdem körperlich und geistig schwerbehindert. Das Geld wurde angelegt, im Jahr 2005 kamen so rund 3000 Euro an Zinseinkünften zusammen. Diese hatte das Jobcenter im Kreis Heinsberg daraufhin auf den Hartz-IV-Satz der Familie angerechnet.

Dagegen wehrte sich die Familie und hatte in den Vorinstanzen damit auch Erfolg. Das Sozialgericht Aachen und das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, die Freistellung des Schmerzensgeldes erstrecke sich auch auf die Zinsen daraus.

Die Bundesrichter in Kassel hoben jedoch die Urteile auf und verwiesen diesen Fall zurück an das Landessozialgericht. Das muss nun entscheiden, ob die Familie Geld zurückzahlen muss und wenn ja wie viel. »Das hängt davon ab, ob die Kläger das Einkommen grob fahrlässig verschwiegen haben«, sagte der Vertreter des Jobcenters. Davon sei aber nicht auszugehen.

Der Anwalt der Kläger argumentierte, das BSG habe nicht nach der Herkunft des Geldes unterschieden. Geld aus Arbeit sei anders zu bewerten als Schmerzensgeld. Das sah der 14. Senat des BSG anders.

Veröffentlichung von Heimnoten sind zulässig

Die Veröffentlichung der Berichte des sogenannten »Pflege-TÜV« über die Qualität von Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten ist rechtlich zulässig. Pflegeeinrichtungen könnten dies nicht verhindern, heißt es in einer am 16. August in Essen veröffentlichten Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Az. L 10 P 137/11).

Nach Angaben des Gerichts hatte eine Pflegeeinrichtung aus Köln gegen die Veröffentlichung der Transparenzberichte geklagt. Sie hatte kritisiert, dass die Internetdarstellung mit einer Vergabe von Schulnoten die tatsächliche Lebensqualität in Heimen nicht zutreffend wiedergebe.

Die Sozialrichter teilten diese Bedenken nicht. Die Veröffentlichung der mit Schulnoten bewerteten Prüfergebnisse im Internet ist gesetzlich vorgeschrieben.

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