Die Hamburger Polizei hat einen handfesten Drogenskandal. Aus einem Polizeirevier im Stadtteil St. Georg unweit des Hauptbahnhofes sind eine größere Menge Kokain spurlos verschwunden.
Als Dieb kommt offenbar nur ein Beamter des Reviers am Steindamm in Frage. Die Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) und die Staatsanwaltschaft haben Ermittlungen eingeleitet.
Stolz hatten die Beamten vom Drogendezernat des Landeskriminalamts, die im zweiten Stock des Reviers 11 ihre Büros haben, das Ergenis einer Drogenrazzia im Sommer des vergangenen Jahres der Presse vorgestellt: In einer Drogenküche im Stadttteil Wilhelmsburg hatten sie rund 500 Gramm Kokain, 11000 Euro vermeintliches Dealgeld, 22 Gramm Crack und 13 Handys beschlagnahmt. Nachdem die Drogen den Journalisten vorgeführt worden waren, sollten, wie üblich, zur kriminaltechnischen Untersuchung gebracht werden - wo aber zumindest ein großer Teil des Kokains jedoch nie ankam.
Der ungeheuerliche Vorfall kam nun eher zufällig während eines Gerichtstermins ans Tageslicht. Die Polizei will sich zu den Vorwürfen nicht äußern, angeblich aus ermittlungstaktischen Gründen. Seit Wochen ermittelt die DIE, die direkt der Innenbehörde unterstellt ist. Offenbar hat man einen oder mehrere Beamte des Reviers am Steindamm im Visier. Zunächst sollen auch die Journalisten in Verdacht gestanden haben - sie schieden allerdings schnell aus: Als sie das Polizeirevier verlassen hatten, waren die Drogen nachweislich noch vorhanden.
Dass der Skandal erst Monate nach dem Verschwinden der Drogen öffentlich wurde, war eher Zufall. Zwei Polizisten mussten vorm Hamburger Landgericht als Zeugen im Verfahren gegen den Mieter der Wilhelmsburger Drogenwohnung aussagen. Der zuständigen Strafkammer war in dem Verfahren aber nur der vorläufige Prüfbericht der Polizei vorgelegt worden. Der Vorsitzende Richter fragte nach, wollte wissen, wo denn der kriminaltechnische Untersuchungsbericht über die Drogen und ihren Reinheitsgehalt abgeblieben sei. Die Beamten, die zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet sind, erklärten in bestem Polizeideutsch, dass die Drogen »außer Kontrolle geraten« sind. Soll heißen: Die Drogen, nach dieser Aussage offenbar das gesamte Kokain in einem Schwarzmarktwert von 30000 Euro, wurden geklaut.
Es ist nicht das erste Mal, dass in Hamburg Drogen aus einer Behörde verschwinden. 1999 flog ein 61-jähriger Justizbeamter auf, der seit 1992 aus der Aservatenkammer der Staatanwaltschaft insgesamt mehr als 13 Kilo Horoin und Kokain entwendet und damit Prostituierte bezahlt hatte.
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