Der Traum vom Projekt Großtirol
Die Idee einer Euroregion sorgt für Aufregung in Italien
Von BRUNO ROMANO, Rom
In Rom macht man sich Sorgen um ein Pantiroler Projekt, das in Bozen und Trient um sich greift und immer mehr Anhänger gewinnt. Pantirol, das ist eine erträumte Euroregion, die das Trentino-Alto Adige, sprich Südtirol, und Nordtirol umfaßt und die Bevölkerung diesseits und jenseits des Brenners von Innsbruck bzw Kufstein bis Trient in einem Großtirol nach historischem Vorbild der Habsburger Monarchie vereinen würde. In Rom hat man den Plan bisher nicht ernst genommen und geglaubt, mit der Vervollständigung des Autonomiestatuts für Südtirol, dem sogenannten Paket, die Ansprüche der deutschsprachigen Bevölkerung voll befriedigen zu können. Das scheint sich nun als Irrtum herauszustellen.
Dabei ist man besonders erstaunt und erschreckt, daß das Projekt dieser Euroregion mit weitgehender Unabhängigkeit sowohl von Rom als auch von Wien in erster Linie von Trient, dem sogenannten Welschtirol, ausgeht. Eurotirol soll nach den Vorstellungen der Erfinder in der Europäischen Union von morgen eine Heimstatt bilden, die keiner Schirmherrschaft bedarf.
Hier scheint man in Bozen und Trient und vielleicht auch in Innsbruck und Kufstein die wirtschaftliche Expansion der Deutschen zu fürchten, zumal nach der Entwicklung in Kroatien und Slowenien. Nicht wenige Tiroler nehmen dieses Hegemoniestreben sehr ernst und erinnern sich besorgt - so absurd das auch heute klingen mag - an die Ostmark unseligen Angedenkens. Damit es niemals zu einer Südmark wirtschaftlichen Charakters kommen kann, träumt eben so mancher von Pantirol. Dessen
Anhänger sind überzeugt davon, daß Eurotirol in ökonomischer Hinsicht autonom wäre, daß Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und Fremdenverkehr diese Unabhängigkeit sichern und die bisherige finanzielle Unterstützung aus Rom bzw Wien überflüssig machen könnten. Sie versichern zugleich, daß die italienische Minderheit in Südtirol - rund 40 Prozent der Bevölkerung - volle sprachliche Gleichberechtigung und kulturelle Autonomie genießen würde.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.