Berlin Chemie jetzt auch mit Humaninsulin am Markt
Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft für bessere Zusammenarbeit in der Diabetestherapie
Von HANNELORE HUBNER
Trotz schwieriger Bedingungen auf den nationalen und internationalen Pharmamärkten hält der Aufwärtstrend beim Arzneimittelhersteller Berlin Chemie weiter an. Im ersten Quartal dieses Jahres konnte ein Umsatz von fast 100 Millionen Mark erzielt werden. So der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Krauss am Mittwoch vor der Presse in Berlin.
Der im ersten Quartal erzielte hohe Umsatz resultiere aus einer stabilen Entwicklung im Inlandsmarkt und aus umfangreichen Exportaufträgen nach Osteuropa. Das hohe Auftragsvolumen sei allerdings mit dem Problem der unkontinuierlichen Auslastung der Herstellkapazitäten verbunden. Auf der Basis der gegenwärtig vorliegenden Aufträge sei diese Auslastung in der Folgezeit deutlich zu reduzieren,
„Auswirkungen auf die Mitarbeiterzahl“ seien nicht auszuschließen.
Die zur italienischen Pharmagruppe Menarini gehörende Berlin-Chemie AG rechnet für 1994 mit einer Umsatzsteigerung auf etwa 280 Millionen DM. Das Unternehmen habe rund 900 Beschäftigte und 100 Auszubildende. Der Erhalt von 800 Arbeitsplätzen sei der Treuhand vertraglich zugesichert worden. Zur Erhöhung der Auslastung werde versucht, Aufträge aus Osteuropa zu erhalten.
Bei allen Problemen habe die Berlin Chemie AG nach Worten von Dr Krauss gute Voraussetzungen, im Laufe des Jahres 1994 das Umsatzniveau des Vorjahres von 236 Millionen Mark deutlich zu überbieten. Eine besondere Bedeutung komme hierbei dem Erfolg bei der Einführung neuer Produkte zu. Das im Januar eingeführte Diuretikum Torem
(Herz- und Niereninsuffizienz) erfreue sich bereits großen Interesses bei der Ärzteschaft in der gesamten Bundesrepublik.
Mit dem auf gentechnischer Basis hergestellten Humaninsulin Berlinsulin H (Lizenz von Eli Lilly) und BerliPen 1 sowie BerliPen 2 hat Berlin Chemie nun eine komplette Insulinpalette am Markt. Das Unternehmen rechnet damit, in den neuen Bundesländern den Marktanteil bei Insulinen auf „deutlich über 20 Prozent“ steigern zu können.
Als langjährig auf dem Gebiet der Diabetologie tätiges Unternehmen sei die Berlin Chemie AG auch stark für eine verbesserte Betreuung der Diabetiker engagiert, betonte Dr Krauss. So werde die Berlin Chemie AG unter dem Motto „Zukunftswerkstätten - Diabetes im Blickpunkt“ Workshops veranstalten. Die erste Veranstaltung dieser Reihe findet
vom 29 April bis 1. Mai 1994 in Meerane statt.
Für eine bessere Zusammenarbeit bei der Diabetestherapie zwischen behandelnden Hausärzten und Diabetologen in Klinik und Praxis sprach sich Prof. Waldemar Bruns, Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, aus. Des weiteren sei eine bessere Fortbildung der praktischen Ärzte vonnöten, um bestehende Defizite im Bereich der Betreuung und Schulung der Diabetiker abzubauen. Professor Bruns forderte ferner die Anhebung des Betreuungs- und Behandlungsniveaus, wie sie auch im Sachsen- und Brandenburger Betreuungsmodell zum Ausdruck komme.
Ein kontinuierlicher Anstieg der an Diabetes mellitus Erkrankten sei in den vergangenen Jahren zu beobachten. Die Krankheit sei nicht zu unterschätzen. Sie senke die Le-
bensqualität und vermindere die Lebenserwartung. Nach Angaben von Professor Bruns sind die ernstzunehmenden Folgekrankheiten Erblindungen, Nierenversagen bis hin zu Amputationen. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnete den altersbedingten Diabetes als ein „bedeutendes und zunehmendes Gesundheitsproblem in Europa“
In der 1989 zusammen mit der Internationalen Diabetes-Föderation verabschiedeten St.-Vincent-Deklaration forderte die WHO ein entschiedenes Handeln. Die Zahl der diabetesbedingten Amputationen sollte innerhalb von fünf Jahren um die Hälfte verringert werden, die des diabetesbedingten Nierenversagens und der Erblindungen um 30 Prozent. Seitdem haben sich aber nach Ansicht von Experten in Deutschland keine entscheidenden Fortschritte ergeben.
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