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PDS-Kandidatin Heike Krause unter Beschüß

Rechte Wahlkampfstrategen stempeln die engagierte Rechtsanwältin aus Köln zur RAF-Unterstützerin

  • Lesedauer: 4 Min.

VonNOBOZIC

Es fing an mit der ARD-Sendung Report aus München am 25. Juli. Dann folgte FOCUS, dann „Die Welt“, dann wieder FOCUS. Die rechten Medien reichten sich die Studie des „Kommunisten-Forschers“ Patrick Moreau wie einen Staffelstab weiter. Die PDS suche die Nähe zur DKP, hieß es in der von der CSU-Stiftung in Auftrag gegebenen Arbeit, und angeblich besonders schlimm - auch zum RAF-Umfeld. Beleg dafür sei unter anderem die Kandidatur der Kölner Rechtsanwältin Heike Krause.

Heike Krause ist viel gereist in ihrem Leben. Sie war oft in Indien, und 1992 reiste sie dreimal nach Kurdistan. „Die Verantwortung der Bundesrepublik für den Völkermord an den Kurden hat bei mir tiefstes Entsetzen ausgelöst“, erklärt die 38jährige ihr Engagement im Deutsch-Kurdischen Freundschaftsverein in Köln. Auch ihre Kandidatur auf der offenen Liste der nordrhein-westfälischen PDS hat damit zu tun. Vor allem war es aber die Asyldebatte 1993, bei der ihr endgültig klar geworden sei, „wie erschreckend schnell aus einem Rechtsstaat ein Staat werden kann, der von oben dik-

tiert, wieviel Recht einem Menschen zustehen soll und wo Rechtlosigkeit zum Staatssystem gehört“ Da hat sie gedacht, jetzt muß man irgendetwas unternehmen. Da gebe es keine andere Partei als die PDS. Die Grünen seien nur noch auf Kompromißkurs.

Zuvor war Heike Krause noch nie in einer Partei organisiert. Sie übt aber seit 1983 einen Beruf aus, der zumindest in ihrem Fall auch sehr viel mit Politik zu tun hat. Die Rechtsanwältin hat sich auf politische Verfahren spezialisiert. Sie hat Kurden im Düsseldorfer PKK-Prozeß vertreten und zählt die RAF-Gefangenen

Christian Klar, Rolf Clemens Wagner und Siglinde Hoffmann zu ihren Mandanten. Genau deshalb steht sie unter ständigem Beschüß der konservativen Presse. „Personelle Verflechtung zwischen der PDS und dem RAF-Umfeld“, schrieb FOCUS. Die demokratischen Sozialisten seien die „neue Heimat für die RAF^Szene“.

„So ein Quatsch! Es wird böswillig der Eindruck erzeugt, wir wären halb im Untergrund“, kommentiert Krause die Vorwürfe gegen sie und Ulla Jelpke. „Man soll denken, da wäre irgendetwas Unrechtes im Gange.“ Doch Straftäter zu verteidigen ist wahrlich nichts Unrechtes in diesem Lande. Heike Krause hat nie Partei für die RAF ergriffen, aber sie fordert, sich damit auseinanderzusetzen, warum es denn in der BRD einen bewaffneten Kampf gegeben hat. Sie bescheinigt den RAF-Mandanten, „für die Wahrung der Menschenwürde“ gekämpft zu haben. Sie wehrt sich dagegen,

daß Diskussionen darüber unterdrückt werden.

Ins derzeitige politische Klima im Lande passe es wohl nicht, daß da jetzt eine Kandidatin auftaucht, die zu diesem Thema etwas sagen kann. So sei es auch weniger ihre Person, die angegriffen werde, meint Heike Krause, als vielmehr die Themen, die sie verkörpere, nämlich die Rechte der Kurden und der politischen Gefangenen. Jetzt versuche man, sie zu demontieren, ihr die Glaubwürdigkeit zu nehmen. „Das ist doch wohl ein Unterschied, ob ich die Leute juristisch vertrete oder ob ich mich mit ihnen identifiziere“, sagt die Anwältin.

Im nächsten Bundestag wird Heike Krause wohl nicht vertreten sein. Einen Platz auf der nordrhein-westfälischen Landesliste bekam sie nicht, und daß sie das Direktmandat ihres Köjner Wahlkreises (Zollstock, Linflenthal, Rodenkirchen) gewinnt, das glaubt sie selber nicht. Doch darum geht es der

Naturliebhaberin auch gar .nicht. Wichtig sei vielmehr, daß es im Wahlkampf die Chance gebe, sich an Diskussionen zu beteiligen und die Leute zum Nachdenken zu bewegen. Die parteilose PDS-Kandidatin will unorganisierten Linken auch Mut machen, sich wieder zu engagieren. Eine außerparlamentarische Opposition werde nur noch von einzelnen Menschen, nicht mehr von einer kraftvollen Bewegung repräsentiert. Sie findet es daher gut, daß es in der PDS so viele unterschiedliche Strömungen gibt.

Weiteren „Verunglimpfungen und Fehlinformationen“ sieht sie gelassen entgegen. „Dieser Moreau hat nicht einmal mit mir gesprochen“, kritisiert sie den Autor der Hanns-Seidel-Stiftung. Doch das wird ihn - genauso wenig wie andere rechte Wahlkampfstrategen - kaum davon abhalten, die nächste Salve auf sie abzugeben. Die Flinte ist ganz gewiß schon wieder geladen.

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