Mecklenburg hat Schlachthöfe, aber kein Vieh dazu
PDS: Folgen falscher Förderungspolitik der Landesregierung / Verlust von 150 Arbeitsplätzen und Millionen droht
Schwerin (ND-Schreyer). Einem der drei hochmodernen Schlachthöfe in Mecklenburg-Vorpommern droht in absehbarer Zeit die Schließung. Denn wegen der beträchtlichen Reduzierung der Tierbestände gibt es zu wenig Schlachtvieh. Die Kapazitäten werden nicht einmal zu 50 Prozent ausgelastet. Seit Herbst letzten Jahres versuchen die Eigentümer der Betriebe - Nordfleisch, Moksel und Annuss - gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium in Schwerin, trocken unterm Regen durchzukommen. Dabei war von den Betreibern
der Vorschlag unterbreitet worden, eines der drei Unternehmen zeitweilig stillzulegen. Um welchen der Standorte -Anklam, Neustrelitz oder Teterow - es sich dabei handeln soll, ist bislang unklar, über ein in Auftrag gegebenes Gutachten, das jetzt vorliegt, wurde Stillschweigen vereinbart.
Aber gleich, welchen Schlachthof es trifft, alle liegen sie in besonders strukturarmen Regionen, und 150 Arbeitsplätze würden direkt wegfallen. Darüber hinaus werden umliegende landwirtschaftliche Betriebe gezwungen, weite
Lieferwege in Kauf zu nehmen und womöglich ihre Produktion erneut einzuschränken.
Seit 1989 ist der Schweinebestand von rund 2,7 Millionen Tieren auf 517 000 Stück im Jahr abgesackt. Alle drei Betriebe zusammen wären aber in der Lage, jährlich 1,5 Millionen Tiere zu schlachten. „Theoretisch könnte ein einziges Unternehmen die Verarbeitung bewältigen“, sagt Lutz Scherling, agrarpolitischer Experte der PDS in Mecklenburg-Vorpommern. Seine Partei habe bereits 1991 davor gewarnt,
einseitig die Schlachtbetriebe zu subventionieren und die Aufzucht und Mast zu vernachlässigen. Die Rechnung, daß die Förderung von modernen, den EU-Normen entsprechenden Schlachthöfen die Primärproduktion günstig beeinflussen werde, sei nicht aufgegangen.
46 Millioneil Mark Landes-, Bundes- und EU-Mittel sind seit 1991 in das Schlachtdreieck geflossen. Grundlage war ein vom Bund in Auftrag gegebenes Gutachten, dessen Daten sich jetzt als falsch erwiesen.
Deshalb geben die Unternohmen dem Staat Mitschuld an dem Dilemma. Sollte deshalb ein Betrieb geschlossen werden, müßte das Land auf die Rückzahlung der Fördergelder verzichten.
Das Land werde in einem solchen Fall alles daransetzen, die entstehenden Nachteile so gering wie möglich zu halten, hieß es dazu im Landwirtschaftsministerium. Eine weitere Besprechung sei in der ersten Februarhälfte vorgesehen, Zusagen über Hilfen wurden indes nicht gegeben.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.