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Mit der geflügelten Schlange

Druckgrafik von Lucas Cranach d. Ä. in Glauchau

  • Gert Claußnitzer
  • Lesedauer: 3 Min.
Es kündet vom gewachsenen Selbstbewusstsein des Künstlers, wenn der Maler Lucas Cranach der Ältere sein Monogramm auf seine grafischen Blätter setzt. Auf vielen Arbeiten Cranachs findet sich dazu noch ein Emblem, nämlich die geflügelte Schlange. Als Zeichen des Kronos, der griechische Gott der Zeit, gedeutet, ist sie zugleich ein Beleg für Cranachs Hinwendung zum Humanismus. Der Jurist Christoph Scheurl, ein enger Freund Dürers, verglich Cranach mit dem Nürnberger Meister und schilderte ihn als »freundlich, gesprächig, freigebig, leutselig und gefällig«. Und Cranach verkehrt auf durchaus freundschaftliche Weise mit dem Reformator Luther. Aus dem oberfränkischen Kronach stammend, kommt er über Wien an den Hof des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen und gründet hier eine Werkstatt, die er zum Zentrum der sächsischen Malerei macht. In seinen Werken spiegelt sich die bewegte Zeit. Als Anhänger der Reformation stellt Cranach die Kunst in den Dienst der Glaubenskämpfe, nimmt er teil an den kirchlichen wie weltlichen Auseinandersetzungen. Angesichts seiner Malerei, den zahlreichen Porträts, darunter den vielen Luther-Bildnissen, den prächtigen Altarbildern, vor allem aber angesichts seiner Druckgrafik, muss man betonen, dass das vielseitige Werk Cranachs in seiner Klarheit, seinem inneren Reichtum, seiner Gestaltungskraft, geradezu eine »historische Dokumentation« seiner Zeit größten Stils darstellt. Dies vermag selbst eine Ausstellung des Glauchauer Museums zu verdeutlichen, die sich ausschließlich der Druckgrafik Cranachs widmet. Cranach erweist sich als ein exzellenter Holzschneider und Kupferstecher. Zweifellos hat er Dürers Werke gekannt, denn sie haben, wie zu bemerken ist, Wirkungen hinterlassen, die Holzschnitte der Apokalypse zum Beispiel. Doch, im Gegensatz zu Dürer, ist bei Cranach die Renaissancegesinnung noch stark von einem »nordisch-gotischen Stilwillen«, beherrscht, wie Johannes Jahn hervorhebt. Mithin noch nicht diese »italienische Gelassenheit und Harmonie«, die wir bei Dürer so bewundern. Aber, auch Cranach hat italienische Anregungen aufgenommen, jene »antikische Art«, wie man jetzt in Glauchau sehen kann. Insgesamt 19 grafische Blätter Cranachs besitzt die Glauchauer Kunstsammlung, darunter vorzügliche Arbeiten aus der Schenkung des Dresdner Mediziners Paul Geipel. Neben einer Passionsfolge von 1509 befinden sich in der Ausstellung so eindrucksvolle Blätter wie der Holzschnitt »Johannes der Täufer predigend« und der Holzschnitt »Die Buße des heiligen Chrysostomus«. Cranach war bekanntlich nicht nur der Begründer einer protestantischen Ikonographie, er trug auch nachhaltig zur Herausbildung der weltlichen Thematik bei. Dies zeigen besonders eindringlich die Holzschnitte »Der Fürst mit seiner Dame reitend« und »Der Fürst auf Schweinsjagd« (1506 bzw. 1507). »Die heilige Sippe« (1509) ist gleichsam in einem Patrizierhaus angesiedelt und hat den Charakter eines bürgerlichen Genrebildes. Das christliche Thema aufs bürgerliche Leben bezogen, mit viel innigem Gefühl. Seit Jahren betreibt die Glauchauer Kunstsammlung eine vorbildliche Bestandspflege. Dies offenbarte sich im vergangenen Jahr in einer Dürer-Ausstellung. Sie findet ihre Fortsetzung nunmehr mit der Grafik Cranachs des Älteren. Eine gewiss anspruchsvolle Ergänzung zur gegenwärtigen Landesausstellung »Glaube und Macht« in Torgau. Ausstellung im Schloss Hinterglauchau: Im Zeichen der geflügelten Schlange. Druckgraphiken von Lucas Cranach d. Ä. Bis 31.10., Di-Fr 9-12 u. 13-17 Uhr, Sa u. So 14-17Uhr.

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