? Nichts ist doofer als Hannover?
Viele Gärten, viele Studienfächer und ein ganz klein bißchen Chaos
Hauptgebäude der Uni Hannover: gotisch, romanisch? Jedenfalls neo-
Foto: Volland
Von Annette Volland
Pulsierend oder beschaulich, altehrwürdig oder hochmodern, auf der grünen Wiese oder mitten in der Stadt: Universitäten bieten ein vielfältiges Bild. Die Jugendseite stellt in loser Folge einige von ihnen vor.
Den besten Überblick über Hannovers Unilandschaft bietet die Cafeteria im 14. Stock des Conti-Hochhauses. Seit die Uni das Gebäude vor zwei Jahren bezog, hat sie ein hervorragendes neues Zentrum. Ganz oben finden aber nur erlesene 200 Studentinnen und Studenten einen Platz zum Eintopfessen. Unten vor der Mensa »Conti-Campus« (eine von sechs Mensen in Hannover) steht sich das hungrige Fußvolk die Beine in den Bauch. Eine »1« für den Geschmack, eine »4« für die Wartezeit vergab das Magazin »Focus« letztes Jahr an Hannover, nachdem es die Mensen der zwanzig größten deutschen Hochschulen getestet hatte.
Sechs Hochschulen gibt es in Hannover, aber die Uni ist mit 32 000 Studierenden und mehr als 50 Studiengängen eindeutig die größte. Hier kann man fast alles studieren, Renner sind zur Zeit die im Conti-Hochhaus untergebrachten Wirtschafts- (2400 Studierende) und Rechtswissenschaften (2700 Studierende). Und das, obwohl das Image der hannoverschen Juraausbildung laut »Manager-Magazin« vom Januar nicht das beste ist. Die Zeitschrift hatte bundesweit Rechtsanwälte und Personalleiter nach dem Ansehen der 36 juristischen Fakultäten in Deutschland gefragt. Hannover kam auf Platz vier - von hinten.
Image und wahre Qualität stimmen nicht immer überein; dafür ist Hannover selbst das beste Beispiel. Ihren Ruf als »die Langeweile schlechthin« hat die überschaubare Großstadt nicht verdient. Um das festzustellen, muß man allerdings mehr sehen als die Fußgängerzone und den Bahnhof. Daß Hannover eine Universitätsstadt ist, fällt zum Beispiel nur in den Stadtteilen rechts und links des Campus ins Auge: Wer als Studi auf sich hält, wohnt in einer Wohngemeinschaft in Linden oder in der Nordstadt. Fast
alle interessanten Kneipen (es gibt viele!) sind dort angesiedelt. Das selbstverwaltete soziokulturelle Zentrum »Faust« in Linden wirkt schon fast etabliert im Vergleich zur »Sprengelfabrik« in der Nordstadt, wo einst die vielbeachteten Chaos-Tage tobten.
Hannover ist grün. Davon haben auch Uni-Besucher etwas. Fährt man vom Conti-Hochhaus am Königsworther Platz zwei, drei Straßenbahn-Stationen stadtauswärts, reiht sich rechts ein Gebäude der Uni an das nächste. Aber auf der linken Straßenseite säumen »die Gärten« den Weg. Damit sind nicht etwa die in Hannover übermäßig vorhandenen Schrebergärten gemeint. Nein, der von Baseball und Boule spielenden Studierenden belagerte Georgengarten und der Große Garten verkörpern historische Gartenbaukunst. Sie gehören zu den berühmten »Herrenhäuser Gärten«, in denen im Sommer grandiose Feuerwerke zu klassischer Musik gezündet werden. Gartenbau kann man in Hannover studieren. Und jährlich schreiben sich etwa hundert Erstsemester für Landschaftsund Freiraumplanung ein. Manche müs-
sen darauf vier Jahre warten. Der Numerus Clausus lag im Nachrückverfahren zuletzt bei 2,1. Projekte und Praktika sind das A und 0 diese Studiums. Soziologische Grundlagen gehören ebenso zum Studienplan wie Vegetationskunde, Naturschutz und Verkehrsplanung.
Über solche Themen wird in Hannover derzeit viel diskutiert. Denn es sind nur noch drei Jahre bis zur Weltausstellung EXPO 2000, mit der die niedersächsische Landeshauptstadt international bekannt werden will. Eins der Großprojekte trägt den programmatischen Titel »Stadt als Garten«. Kritiker befürchten allerdings, daß die Stadt im Expo-Besucheransturm und Automief erstickt, die Klärwerke mit der Arbeit nicht mehr nachkommen und die Mieten unbezahlbar werden.
400 Mark müssen hannoversche Studierende heute im Durchschnitt für das Wohnen ausgeben. Fast ein Drittel lebt in Wohngemeinschaften (weit mehr als im Bundesdurchschnitt), je ein Viertel entweder allein oder als Paar in eigener Wohnung. Wohnheime sind in Hannover Mangelware, nur fünf Prozent der Studierenden kommen dort unter.
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