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Ein Umstieg aus Trotz
Europameister Peter Mücke wechselte vom Autocross auf die Rundstrecke
Der Motorsport gehört zu den wenigen Disziplinen, in denen Athleten aus den Alt-Bundesländern im Vergleich besser abschneiden als jene aus den fünf neuen im Osten. Dennoch erreichten zu DDR-Zeiten Besessene wie Heinz und Ulli Melkus oder der Berliner Peter Mücke (Foto: Schlage) beträchtliche Popularität. Mücke, gelernter Kfz-Meister, inzwischen 5Ojährig, wurde nach der Wende im Autocross dreimal Europameister (1992, 1993, 1995), war 1990 EM-Zweiter und gewann 1991,1994 und 1996 EM-Bronze. Wenn am Sonntag der 23. ADAC-Autocross in Seelow ausgefahren wird, fehlt im Feld der 77 Fahrer aber einer, der 21 Jahre lang in ununterbrochener Folge und mit Erfolg gestartet war - Peter Mücke.
? Aus welchem Grund sind Sie ausgerechnet auf Ihrer Lieblingsstrecke nicht dabei?
Weil ich umgestiegen bin. Meine volle Konzentration gilt nicht mehr dem Autocross, sondern den Rundstreckenrennen.
? Ein ganz normaler Umstieg...?
Beim Autocross bin ich zuletzt durch die Funktionäre stark benachteiligt worden. Ich habe mir technisch etwas einfallen lassen, und der daraus resultierende Effekt gefiel den Herren offenbar nicht. Sie haben mir soviel Zusatzgewicht aufgebürdet, daß meine Chancen auf vordere Ränge erheblich reduziert wurden.
Jetzt fahre ich in der Youngtimer-Klasse. Das sind zu Rennwagen umgebaute Autos der Baujahre 1965 bis 1976. Alles läuft nach dem Reglement von damals und mit den Fahrzeugen von damals ab. Da kann nichts mehr verändert werden. Das finde ich fairer.
? Was wird aus Ihrem Yamaha-Buggy Marke Eigenbau?
Den verkaufe ich gerade an einen russischen Fahrer, der damit in Seelow star-
ten wird. Ich werde natürlich auch dort sein, den neuen Besitzer einweisen und ihn auch bei den folgenden EM-Läufen vom Service her unterstützen.
? Mit 50 scheint Ihr Ehrgeiz nicht geringer zu sein als bei Ihrem Einstieg als Fahrer in den Motorsport 1973?
Nein, warum auch? Das Alter ist für mich kein Thema. Jedes neue Auto ist für mich eine neue Herausforderung. Natürlich gibt es jedesmal die Zweifel: Kannst du es noch? Und wenn es dann funktioniert, ist die Selbstbestätigung ein sehr schönes Gefühl. Ich kann zwar akzeptieren, wenn andere besser sind, aber das ändert nichts daran, daß ich Erster sein will.
? Sie werden 1997 erstmals von Zakspeed, einem der bekanntesten Rennsportteams Europas, unterstützt. Wie kam diese Kooperation zustande?
Der ADAC Berlin-Brandenburg hat dabei dankenswerterweise eine Vermittlerrolle gespielt. Die Zakspeed-Leute waren schon im Vorjahr auf mich aufmerksam geworden, als ich parallel zum Cross auch Rundstreckenrennen bei der Historischen Tourenwagen-Meisterschaft gefahren hin. Die haben sich wohl gedacht, da kommen ein paar aus dem Wald und machen ganz schön was los. Daß ich viele Rennen gewonnen habe, hat das Interesse stimuliert. Und jetzt hin ich Chef des Teams Zakspeed-Mücke-Motorsport.
? Und damit unter anderem Boß von Fahrern wie Ex-Formelpilot Jochen Maaß. Akzeptiert der einen »Ossi«?
Ende Juni starteten wir gemeinsam beim Rennen über 500 Kilometer auf dem Nürburgring, und zwar auf einem 440 PS starken Ford Cosworth Capri, den ich selbst aufgebaut habe. Die Idee für diese Fahrgemeinschaft kam übrigens von Maaß. Beantwortet das Ihre Frage?
? Mit Ihrem 15jährigen Sohn Stefan scheint die personifizierte Fortsetzung der Familientradition schon bereitzustehen. Hoffen Sie darauf?
Stefan fährt derzeit Kartrennen, soll demnächst ein paar Tests für die Formel-Junior-Klasse unternehmen. Dort darf man ab 16 starten. Möglich wäre das vermutlich im Dresdner Melkus-Team. Es gibt Interesse auf beiden Seiten. Ich würde das begrüßen, weil es dort nicht nur um reinen Kommerz geht, sondern die Leute selber mitschrauben. Und ein guter Kontakt untereinander zählt etwas.
? In der DDR übten Sie Ihren Sport praktisch unter sterilen Bedingungen aus. Man gab Ihnen kaum eine Chance zum internationalen Vergleich. Was dachten Sie bei der Wende: Alles aus oder jetzt geht's los?
Weder noch. Es war nicht auszurechnen, wo es hinläuft. Jeder weiß, daß man im Motorsport ohne Geld nichts bewegen kann. Gerade deswegen mußte man eher skeptisch sein. Im übrigen mußten wir unter unseren Bedingungen schon immer ein bißchen mehr machen, als normal war Bei den EM, an denen ich Ende der 80er Jähre erstmals teilnehmen durfte, habe ich gesehen, daß auch die anderen nur mit Wasser kochen. In der DDR haben wir das Improvisieren gelernt. Das hat sich häufig bezahlt gemacht.
Gespräch: Klaus Weise
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