Gefahr von Rechtsaußen

  • Jan Philipp Albrecht
  • Lesedauer: 3 Min.

Als sich 2007 im Europäischen Parlament mal wieder eine rechtsextreme Fraktion bildete, war die Aufmerksamkeit für die Vernetzung rechtsextremer Parteien kurzzeitig da. Schon nach kurzer Zeit löste sich die Fraktion wieder auf, weil ihre Vorsitzende - die italienische Faschistin Alessandra Mussolini - über die »Ausländer aus Rumänien und Bulgarien« her zog. Die saßen nämlich auch in ihrer Fraktion und waren besonders stolz auf ihr Land. Seitdem aber organisieren sich Rechtsextreme und Rechtspopulisten immer häufiger über die Grenzen ihrer Länder hinaus. Ob ein Freundschaftstreffen zwischen Pro Deutschland und Vlaams Belang aus dem benachbarten Belgien, ein Wahlkampfauftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders bei der Partei »Die Freiheit« oder die gemeinsame europäische Partei »European Alliance for Freedom« von Marine Le Pens Front National und Heinz-Christian Straches FPÖ, unter anderem mit den Schwedendemokraten, der UK Independence Party und Bürgern in Wut - die Zusammenarbeit nimmt Formen an und immer häufiger sind auch deutsche Gruppierungen dabei. Damit erhalten rechtsextreme und rechtspopulistische Politiker und Parteien nicht nur immer stärkeren Einfluss auf die Politik der EU, sie können sich auch derart unterstützen, dass ihre Ideologien und Strukturen dauerhaft gefestigt werden. Egal, ob die British National Party, die Dänische Volkspartei oder die Goldene Morgenröte in Griechenland: Wenn im Frühjahr 2014 die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament stattfinden, ist vielen PolitikerInnen und Medien, aber vor allem auch vielen WählerInnen noch gar nicht bewusst, wie präsent Rechtsextreme und Rechtspopulisten in Europa bereits sind.

Dies liegt auch daran, dass sie sich nicht unbedingt als solche zu erkennen geben. Zunehmend lernen die maßgeblichen Akteure, sich bereits vorhandener populistischer Grundstimmungen zu bedienen. Das inszenierte Bild des der eigenen Heimat und Kultur fest verbundenen Kämpfers gegen »die da oben in den etablierten Parteien und in Brüssel« fördert gerade in der Krise des globalen Marktes und angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Einschnitte in vielen EU-Mitgliedstaaten den Zulauf. Die rassistischen und menschenfeindlichen Untertöne werden dabei schnell überhört. Doch in den Köpfen und an den Stammtischen bleiben sie hängen. Mitunter vernebeln die rechtsextremen und rechtspopulistischen Abgeordneten und deren Parteien ihre Ideologie und Programmatik so weit, dass eine Unterscheidung vom Volksparteivertreter »von nebenan« schwer möglich ist.

Auch wenn Wilders Partei der Freiheit bei den jüngsten Wahlen in den Niederlanden einen Dämpfer erlitt und es in Deutschland noch immer keiner rechten Partei gelungen ist, bundesweit Fuß zu fassen, so laufen sich in Deutschland kleine Parteien warm, bei der Europawahl mit euroskeptischen oder fremdenfeindlichen Ressentiments zu punkten. Und ihre Chancen sind seit dem umstrittenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Wahlen zum Europäischen Parlament eher gestiegen. Nach der Verwerfung einer Fünf-Prozent-Hürde erscheint es immer unwahrscheinlicher, dass der Bundestag noch eine Mindesthürde für das Erlangen eines Europamandats festlegt. Die Erfahrung aus anderen EU-Staaten zeigt aber: Haben rechtsextreme Parteien mit ein paar Tausend Stimmen erst mal ein Europamandat errungen, bauen sie vom Parlament aus die eigene Partei im Heimatland massiv auf. Eine parlamentarische Mitarbeit in Straßburg und Brüssel ist da gar nicht notwendig oder gar verpönt.

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