Tage des Zorns

Detlef D. Pries über Bürgerkriegsfolgen bei Syriens Nachbarn

  • Lesedauer: 2 Min.

»Wenn dieser Konflikt weiter geht, dann wird er nicht innerhalb der Grenzen Syriens bleiben«, warnte der UN-Friedensgesandte Lakhdar Brahimi, bevor er nach Damaskus flog, um die Bürgerkriegsparteien zu einer Waffenruhe zumindest während des bevorstehenden Opferfestes zu drängen.

Kaum hatte der Algerier die eingangs zitierten Worte ausgesprochen, explodierte im Nachbarland Libanon eine Bombe und riss drei Menschen in den Tod, darunter einen Geheimdienstgeneral. Der Verdacht, dass dies ein Widerhall des Kriegsdonners im benachbarten Syrien war, lässt sich schwer von der Hand weisen. Zu eng sind Geschichte und Geschicke Libanons und Syriens miteinander verflochten. Eigenartig und bezeichnend zugleich ist allerdings der zwanghafte Eifer, die Schuld an diesem Attentat - wie schon an den Granateneinschlägen auf türkischem Gebiet - eiligst dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad zuzuweisen. Nicht einmal mehr die Frage scheint zulässig, welches Interesse Assad leiten sollte, Zahl und Zorn seiner Gegner zu vermehren. Und ob ein Geheimdienstboss in Nahost nicht auch andere Feinde haben könnte.

Brahimi will eine Feuerpause zum Opferfest und wird verbal von aller Welt unterstützt. Real aber steht er auf verlorenem Posten, auch weil der Zorn über die zahllosen Opfer stets ungeprüft in die gleiche Richtung gelenkt wird, was tatsächlich Schuldige womöglich frohlocken lässt. Der oft beschworene Flächenbrand wird auf diese Weise jedenfalls nicht verhindert.

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