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MEDIENkritik: Das ZDF und die Flüchtlinge am Brandenburger Tor

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

»Vor dem Brandenburger Tor protestieren etwa 20 Asylbewerber. Sie fordern eine andere Asylpolitik in Deutschland. Ist das ein Thema? Sollen wir darüber berichten?« Diese Frage twitterte der Redakteur des ZDF-Hauptstudios Dominik Rzepka vor einigen Tagen. Zuvor hatte es Kritik daran gegeben, dass der Hungerstreik der Flüchtlinge medial kaum ein Thema war, obwohl die Protestierer den Unbilden des Berliner Wetters schutzlos ausgeliefert waren, weil das zuständige Amt, Schlafsäcke, Zelte, Schirme und Isomatten verboten hat.

Doch Rzepka sieht darin keinen Grund für einen ZDF-Bericht. »Relevanz, Betroffenheit, Prominenz - das sind einige der Kriterien, nach der wir Ereignisse abzuklopfen haben. (…) Eine Demonstration von 20 Menschen erfüllt diese Kriterien eigentlich nicht«, twittert der Journalist eines öffentlich-rechtlichen Senders. Von dem hätte man eigentlich erwartet, dass ein Kriterium für die Relevanz einer Berichterstattung auch in der Frage liegt, ob hier gesellschaftliche Missstände angesprochen werden, die in einer größeren Öffentlichkeit thematisiert werden sollten. Im Fall der Hungerstreikenden wären da gleich zwei relevante Themen zu nennen: Die bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und eine Versammlungsordnung, die an bestimmten Orten zu bestimmten Jahreszeiten Proteste massiv erschwert oder Aktivisten massiver Gesundheitsprobleme aussetzen könnte.

»Sind Journalisten dazu da, auf Missstände aufmerksam zu machen?«, fragt Rzepka dagegen rhetorisch. Flüchtlingsaktivisten sahen in dieser Haltung ein Armutszeugnis für das ZDF. Erst nachdem via Blogs und Twitter der Flüchtlingshungerstreik breit diskutiert wurde, wurde er auch für Rzepka als genug relevant für einen ZDF-Bericht erachtet. So machen sich die öffentlich-rechtlichen Medien überflüssig.

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