Entfesselte Proteste gegen Homo-Ehe

Rechte und Kirchenvertreter lehnen vor allem Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare ab

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei weiteren Protesten gegen die geplante Einführung der Homo-Ehe in Frankreich sind am Sonntag Gegendemonstrantinnen und Journalisten angegriffen worden.

Die Demonstrationen vom Wochenende gegen die Pläne der Linksregierung, die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern per Gesetz einzuführen, »waren erst ein Anfang«, kündigten die Organisatoren an. Weitere Massenaktionen sollen im Januar folgen, wenn der bereits von der Regierung gebilligte Gesetzentwurf dem Parlament zur Diskussion und Abstimmung vorgelegt wird.

Am Sonnabend hatten die Gegner der Reform in Paris mehr als 100 000 Demonstranten auf die Straßen gebracht, in Lyon mehr als 20 000, in Marseille und Toulouse jeweils mehrere Tausend. Eine weitere Demonstration am Sonntag in Paris, die von Civitas, einer den Rechtsextremen nahestehende Organisation fundamentalistischer Katholiken, organisiert war, zählte mehr als 10 000 Teilnehmer.

Wie schon am Sonnabend in Toulouse kam es auch am Sonntag in Paris zu gewaltsamen Übergriffen des »Ordnungsdienstes« der Veranstalter gegen einige hundert Gegendemonstranten, darunter gegen Aktivistinnen der Frauengruppe Femen. Hinter den parteilosen und zumeist katholischen Organisatoren der Proteste steht vor allem die rechte Oppositionspartei UMP, die darin eine Möglichkeit sieht, in der Öffentlichkeit Stimmung gegen die Linksregierung zu machen. UMP-Sekretär Jean-François Copé hatte zur Teilnahme aufgerufen. Zahlreiche UMP-Politiker sind dem gefolgt, wenngleich sie nicht in der ersten Reihe des Zuges liefen.

Auch Bischöfe und andere Würdenträger der katholischen Kirche, die seit Wochen von der Kanzel gegen die Pläne der Regierung predigen und sich sogar in die Vorsehung verstiegen, als nächster Schritte käme »dann wohl die Polygamie«, marschierten mit. Wie sie hatten sich auch die führenden Persönlichkeiten der protestantischen Kirchen, der jüdischen Gemeinden und der Muslime Frankreichs gegen die Reform ausgesprochen.

Stärker noch als die Homo-Ehe selbst empören sie die Pläne, gleichgeschlechtlichen Paaren auch die Adoption von Kindern zu ermöglichen. So war die Hauptlosung der Demonstranten »Ein Vater, eine Mutter, ein Kind«. Vielfach wurde auch das rot eingebundene Zivilgesetzbuch hochgehalten, das noch unter Napoleon verfasst wurde und auf dessen Regeln für Ehe und Familie sich die Reformgegner berufen.

In der ersten Reihe der Demonstration schritten in Paris rechte Bürgermeister aus dem ganzen Land, die aus »Gesinnungsgründen« die Schließung der Homo-Ehe verweigern wollen, obwohl sie als gesetzliche Vertreter der Staatsgewalt dazu verpflichtet wären. Sie fordern eine Volksabstimmung und hoffen, Vorurteile in Teilen der Bevölkerung ausnutzen zu können, um der Linksregierung eine spektakuläre Niederlage zu bereiten. Die jedoch vertraut darauf, dass Umfragen zufolge 61 Prozent der Franzosen die Homo-Ehe befürworten oder zumindest nicht ablehnen. Von Adoption war in diesen Umfragen aber keine Rede.

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