BLOGwoche: Lernunfähige traditionelle Medien

  • Peter Richter
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer wissen will, warum die etablierten »Qualitätsmedien« zunehmend Probleme damit haben, zahlende Leser, Hörer und Zuschauer zu finden, kann einige Fingerzeige schon dadurch erhalten, dass er sich ihre Berichterstattung über den Parteitag der Piratenpartei am vergangenen Wochenende in Bochum anschaut. Denn diese Berichterstattung zeichnet sich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durch ein hohes Maß an Verständnislosigkeit und Inhaltsleere aus (...).

Vergessen ist offenbar, als wie dröge viele Journalisten die routinierten Antragsberatungen auf Kongressen anderer Parteien empfanden, bei denen unbequeme Wortmeldungen meist schnell aussortiert, in imaginäre Ausschüsse abgeschoben werden und am Ende stromlinienförmige, glatte Beschlüsse stehen, die danach kaum jemand mehr zur Kenntnis nimmt (...). Man vergleiche das eine oder andere Parteiprogramm von CDU, CSU, SPD, FDP, Grünen bis zur Linkspartei mit ihrer aktuellen Politik - und man wird sehen, dass sie ihre niedergelegten Eckpunkte auch nur als Orientierungen, Rahmensetzungen betrachten, die im Ernstfall erst ihre endgültige Gestalt erhalten. (...)

Was die Piraten wollen und schrittweise, mit vielen Rückschlägen, entwickeln, ist in der Sache nicht unähnlich, in der Methode jedoch grundsätzlich anders. Denn sie haben für solches modernes Regieren, das Entscheidungen auf den aktuellen Prüfstand stellt, das modernste und - wenn es einmal richtig läuft - wohl auch effizienteste Mittel gefunden, das der Schwarmintelligenz, längst von der seriösen Wissenschaft anerkannt, von der Mehrheit der Journalistenzunft hingegen total unverstanden. Die verlacht dieses Konzept nicht nur, sondern versucht allen Ernstes, die Piraten auf die Einbahnstraße der ineffektiven und stets kritisierten Praxis der Altparteien zu drängen, denn so kreativ, etwas Besseres vorzuschlagen, ist sie nicht. Im Gegenteil, die Medien haben bis heute nicht einmal ein Mittel gefunden, ihre konventionelle Berichterstattung durch das Internet so zu optimieren, dass sich die netzaffinen künftigen Generationen dafür interessieren. Es ist der Gipfel der Arroganz, wenn gerade Zeitungen, denen aufgrund ihrer Erneuerungsverweigerung die Pleite droht, sich ihrer diesbezüglichen Lernunfähigkeit brüsten.

Der Autor ist Journalist und lebt in Berlin; Zum Weiterlesen: www.blogsgesang.de

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