Tod eines Linienrichters

Im Fall des ermordeten Schiedsrichters Richard Nieuwenhuizen gerät der niederländische Fußballverband unter Druck

  • Christiana Mansfeld und Thomas Weitekamp, SID
  • Lesedauer: 3 Min.
Es gibt noch mehr Täter, die Vorgeschichte ist brisant: Im Fall des totgeschlagenen Linienrichters gerät in den Niederlanden der nationale Fußballverband KNVB unter Druck. Gewalt in den unteren Ligen ist kein neues Problem.

Nach dem gewaltsamen Tod eines Linienrichters im niederländischen Amateurfußball kommen weitere Details ans Licht, auch der nationale Verband KNVB gerät dabei unter Druck. Mehr Jugendliche als bislang vermutet sollen an der tödlichen Prügelattacke auf den Schiedsrichterassistenten Richard Nieuwenhuizen beteiligt gewesen sein. Zudem waren die mutmaßlichen Täter wohl keine Unbekannten - umso vermeidbarer scheint der tragische Tod des 41 Jahre alten Mannes, der am Montag im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.

Fünf statt wie bislang vermutet drei Jugendliche sollen Nieuwenhuizen am Sonntag nach dem Spiel von Nieuw-Sloten bei SC Buitenboys in Almere angegriffen haben, das berichtet die Tageszeitung »Telegraaf«. Die mutmaßlichen Täter im Alter von 15 und 16 Jahren sind Spieler Nieuw-Slotens. Im niederländischen Jugendfußball ist der Klub aus der Nähe Amsterdams anscheinend kein unbeschriebenes Blatt: Ehrenamtliche Helfer anderer Amateurklubs erhoben schwere Vorwürfe gegen den KNVB.

Auf frühere Taten von Spielern der Jugendmannschaften Nieuw-Slotens habe der Verband demnach nicht hart genug reagiert, obwohl die Schiedsrichter sie in ihren Berichten deutlich geschildert hätten. So soll es schon im Oktober zu einem Zwischenfall gekommen sein. Akteure der inzwischen vom Spielbetrieb ausgeschlossen B1 von Nieuw-Sloten sollen damals Morddrohungen gegen den Trainer des FC Almere ausgesprochen haben.

»Wenn du nicht schon über 50 wärst, würden wir dich totschlagen«, so der kolportierte Wortlaut, der Mann sei daraufhin ins Vereinsheim geflüchtet. Zum Rückspiel traten die Spieler aus Almere aus Angst nicht mehr an. Trotz eindeutiger Vermerke der Schiedsrichter seien die aufgeführten Zeugen nach diesem und ähnlichen Vorfällen nicht angehört worden, so der Vorwurf an den Verband. Der KNVB habe nach der Papierlage bestraft.

Der tragische Fall von Almere rückt eine bekannte Diskussion um Gewaltexzesse in den unteren Ligen erneut ins Licht. Zuletzt verfolgte der Verband diese keineswegs untätig. Wie der KNVB bereits im August mitteilte, schloss er im Verlauf der vergangenen Saison wegen Gewalttätigkeiten insgesamt 105 Mannschaften aus den Amateurligen aus, allein 74 Akteure wurden lebenslänglich gesperrt. Nach harter Kritik am kollektiven Ausschluss ganzer Mannschaften soll die Suspendierung von Teams allerdings nur noch in allerletzter Konsequenz vorgenommen werden. Auch viele andere Sportler zeigten sich schockiert von dem Vorfall. Die niederländischen Verbände für Schwimmen, Volleyball und Eishockey riefen zu einer Schweigeminute am Wochenende auf. »Wir sind schockiert und auch wütend, dass ehrenamtliche Helfer bei ihrer Tätigkeit von solch einer Gewalt getroffen werden können«, erklärte Schwimmverbandspräsident Jan Kossen.

Drei Jugendliche sitzen derzeit in Isolationshaft und werden von der Staatsanwaltschaft Amsterdam wegen Totschlags angeklagt. Heute sollen sie dem Richter vorgeführt werden. Weitere Verhaftungen wurden bislang nicht vorgenommen.

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